Späte Geschichte
Orléans
Späte Geschichte
Rückschläge
Erster Religionskrieg
Während der Renaissance erlangt die Stadt wieder ihre alte Schönheit, im Hundertjährigen Krieg verwüstete Vororte und Kirchen werden aufgebaut, ein neuer, wirtschaftlicher Aufschwung ermöglicht die Errichtung stilvoller Herrenhäuser. Dann brechen jedoch die Religionskriege aus ... Die geistige Vergangenheit macht aus Orléans natürlich eine protestantische Stadt, in der unter anderem der Reformator Calvin studierte. Hier sammelt der Prince von Condé, in seinem Entschluß die Verteidigung der Kalvinisten gegenüber dem Hegemoniestreben des katholischen Herzogs von Guise in den Angelegenheiten des Landes zu übernehmen, seine Armee. Guise belagert im Jahre 1563 Orléans, wird jedoch kurz danach von einem Fanatiker ermordet. Der erste Religionskrieg bricht aus. Condé nimmt die Stadt ein und sprengt die Kathedrale aus dem 13. Jh. Trotz der Beschwichtigungsversuche (Edikt von Amboise) seitens Katharina von Medicis verschlimmert sich die Situation, und zahlreiche Protestanten der Stadt fallen im Jahre 1572 einem Massaker zum Opfer.
Zwanzig Jahre später hat der Calvinismus seinen Einfluß in der Stadt eingebüßt, und Orléans stellt sich auf die Seite der Liga mit ihrer Forderung nach einem katholischen König für Frankreich. Unglücklicherweise ist der Thronanwärter Heinrich IV. ein Protestant. Er belagert höchstpersönlich Orléans. Da er jedoch nicht nachtragend ist und wohl auch in Erinnerung an die protestantische Vergangenheit der Stadt und zum Dank für ihre relativ problemlose Kapitulation bietet er den Wiederaufbau der Kathedrale an; nebenbei hatte er nach soviel Blutvergießen schließlich zwecks Thronbesteigung seinem protestantischen Glauben abgeschworen.
Wohlhabende Stadt
Nach diesen Wirren erlebt die Stadt dank ihrer traditionellen Handelsbeziehungen eine neue Blütezeit. Im 17. Jh. verschreibt sie sich der Zuckerraffinade, die bald als die beste im Lande gilt und in die ganze Welt exportiert. Auch die Textilindustrie hat am Aufschwung teil, so dass im 19. Jh. Orléans zu den sechs reichsten Städten Frankreichs zählt.
Bald jedoch setzt ein wirtschaftlicher Niedergang ein: der Verlust zahlreicher französischer Kolonien begrenzt die Importe und die Absatzmärkte, die Loire hat im Güterverkehr ihre frühere Bedeutung verloren. Auch aus dem völlig neuen Schienenverkehr wußte die Stadt keinen Nutzen zu ziehen, sie besitzt immer noch keinen Bahnhof. Eine der wenigen Aktivitäten zur Förderung der Industrie beruht auf der Herstellung von Essig, einer späteren Spezialität Orléans.
Zerstörung und Wiederaufbau
Die Preußen besetzten Orléans zwar im deutsch-französischen Krieg von 1870/71, es litt jedoch nicht zu sehr unter dem Ersten Weltkrieg, der mit der Herstellung von Decken für die Frontsoldaten eine Gesundung der Textilindustrie nach sich zog. Der Zweite Weltkrieg versetzte Orléans dagegen einen heftigen Schlag: die Bomben im Juni 1940 machten in der Innenstadt eine Fläche von siebzehn Hektar dem Erdboden gleich. Die historische Altstadt fiel dem Bombardement teilweise zum Opfer.
Anschließend wird eine weitreichende Sanierungspolitik eingeleitet, aber die Stadt verändert ihr Gesicht, und der Städtebau gibt Anlaß zu landesweit scharfer Kritik. Auch der Bau des Bahnhofs im Jahre 1988, der solange auf sich warten ließ, ist nicht unumstritten: die ruhmvolle Vergangenheit scheint vergessen, von einem krakenartigen Geschäftszentrum und riesigen Parkflächen aufgesogen.
Zwischenzeitlich schmückte die Stadt sich jedoch mit einem bedeutenden Universitätskomplex, an den sich ein einladender Park die Source anschließt. So erlebt sie einen neuen Frühling.