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Bekannter Ort an der Loire

CHATEAU DE VALENCAY (36600)

Valençay erfordert einen kleinen Abstecher ins Département Indre, da nur fünfzehn Kilometer von Selles-sur-Cher (an der D 956) entfernt. Dennoch zählt der berühmte Ort offiziell nicht zum Tal des Cher, sondern seltsamerweise – sicher aus historischen Gründen – zu den Loireschlössern.

Abgesehen von seinem Schloß ist Valençay auch für seine pyramidenförmigen, in Asche gereiften Ziegenkäse gleichen Namens bekannt.

Nützliche Adressen

  • Schloßbesichtigung: Parc et Château de Valencay, Informations: 2 rue de Blois, 36600 Valençay, Tel.: 54 00 10 66, Fax: 54 00 02 37, message@chateau-valencay.com, www.chateau-valencay.com
  • Office du tourisme: 2 av Résistance, 36600 Valençay, Tel.: 54 00 04 42, Fax: 54 00 27 67, officetourisme.valencay@tiscali.fr, www.pays-de-valencay.fr
  • Aus der Geschichte

    An diesem seit der Antike besiedelten Ort wurde eine erste Festung im 13. Jh. errichtet. Im Laufe der Jahrhunderte fiel das Lehen verschiedenen Familien zu, bis im Jahre 1540 die außerordentlich reiche Familie d´Etampes die Festung niederriß und ein protziges Renaissanceschloß im Stil Chambords das Licht der Welt erblickte. Im 17. Jh. setzte einer der Nachfahren der Familie den Ausbau und die Verschönerung des Schlosses fort, wobei er die Gestaltung der Räume einem für das Schloß von Cheverny und den Palais du Luxembourg in Paris verantwortlichen Künstler anvertraute.

    Gegen Ende des 18. Jhs zählt Valençay zu den drei größten Anwesen in ganz Frankreich: beinahe 20.000 ha erstrecken sich über dreiundzwanzig Ortschaften, hundert Bauernhöfe, Weinberge, Wälder und Felder ... und das Schloß selbst in einem 150 ha großen Park, dessen Nebengebäude ein kleines Dorf bilden und dessen Haupttrakt mit über hundert Zimmern und fünfundzwanzig Wohnungen königliche Ausmaße annimmt. Eine einzige Person nannte das Ganze ihr eigen, der Graf von Luçay, der – wie wir gerade gesehen haben – nicht gerade am Rande des Existenzminimums lebte. Und doch – gibt es denn gar keine Gerechtigkeit? – drücken den armen Mann einige Sorgen: er entgeht in der Revolution haarscharf der Guillotine und muß sich dann unter Napoleon mit dem Amt eines Präfekten begnügen. Während die Unterhaltung seines Besitzes gleichzeitig immer teurer wird ...

    Der Deal Napoleons

    Im Jahre 1803 ruft Napoleon Bonaparte seinen Außenminister Talleyrand zu sich und unterbreitet ihm den Vorschlag, Valençay aufzukaufen, um hier die Großen der Welt zu empfangen. »Mein Wunsch ist«, fügt der künftige Kaiser hinzu, »dass eine Einladung in ihr Haus eine Belohnung der Herrscher ist, die zu meiner Zufriedenheit regieren.« Der Verkaufspreis für Valençay entspricht einer astronomischen Summe, und Napoleon übernimmt den größten Teil der Transaktion – natürlich auf Staatskosten. Seine Ambitionen in dem Geschäft sind offensichtlich: er möchte an Ansehen gewinnen, einige Herrscher, deren er bedarf, sich »warmhalten« und einen etwas zu eigenständigen Minister kaltstellen, wobei er sich zugleich dessen Loyalität zu sichern glaubt, indem er ihm ein königliches Geschenk zukommen läßt. Dieses Geschenk hindert Talleyrand jedoch nicht am Verrat an Napoleon, sobald sich eine Gelegenheit dazu bietet.

    Bildnis eines Opportunisten

    In der Politik war und ist Opportunismus kein neues Phänomen. Und Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord, Prince von Benevent, Herzog von Dino und Oberstkämmerer von Frankreich ist ein Paradebeispiel hierfür. Zunächst Bischof, spürt er aus welcher Richtung der Wind weht und stellt sich auf die Seite der Revolutionäre (er wird im übrigen seines Amtes enthoben, nachdem er die Nationalisierung der Kirchengüter beschlossen hat!). Anschließend weiß er Napoleon zu schmeicheln, der inzwischen erster Konsul geworden ist, um erneut mit einem Ministerposten betraut zu werden, welchen er schon durch seine Beziehungen zum Direktorium innegehabt hatte. Mit den Siegen des napoleonischen Kaiserreichs wird Talleyrand nach oben getragen, auch wenn er nicht immer mit der Strategie des Kaisers einverstanden ist. Er verliert jedoch an Einfluß und tritt schließlich zurück.

    In der Folge arbeitet er gegen seinen alten Meister, verkauft militärische Geheimnisse an Österreich und wagt sogar dem russischen Zaren gegen eine enorme Summe seine Dienste anzubieten. Von allen Seiten feindlich umzingelt, unternimmt Napoleon jedoch einen Versöhnungsversuch mit seinem früheren Minister. Aber Talleyrand ist sich bewußt, dass das Kaiserreich zerfällt und wechselt die Farbe: er wird Royalist. Zum Dank für seine Hilfe vertraut ihm Ludwig XVIII. nach seiner Thronbesteigung im Jahre 1814 das Außenministerium an. Ein Jahr später fällt Talleyrand in Ungnade und zieht sich in sein stattliches Anwesen in Valençay zurück, um von hier aus seine Zeit abzuwarten. Fünfzehn Jahre später kehrt er in die Diplomatie zurück und wird vom Bürgerkönig Louis-Philippe zum Botschafter in London ernannt. Die letzten Jahre seines Lebens empfängt er in seinem Schloß die Persönlichkeiten des Adels, der Politik (den Herzog von Orléans, Thiers) und der Kunst (Balzac, Georges Sand). Als letzte Kehrtwende söhnt sich der seines Amtes enthobene Bischof kurz vor seinem Tod im Jahre 1838 mit der Kirche aus, sicher um einen besseren Platz im Himmel zu erwerben! Ein großer Diplomat oder ein skrupelloser Politiker? Berühmt bleibt auf jeden Fall der Satz Napoleons: »Talleyrand, das ist Scheiße in Seidenunterwäsche«