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Sehenswert

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Azay-le-Rideau an der Indre

Schloss auf einer Insel

Sehenswertes

Wie viele Orte in der Touraine kann Azay-le-Rideau auf eine lange, bewegte Geschichte zurückblicken. Das heutige Lustschloß war früher eine Festung mit solidem Wall, kein seltenes Angriffsziel. Eines der bedeutendsten Ereignisse in ihrer Geschichte fällt in das Jahr 1418, als der künftige König Karl VII., im zarten Alter von fünfzehn Jahren über Azay nach Chinon zurückkehrte. Eine im Schloß stationierte Garnison aus Burgund beschimpfte den jungen Prinz, der hier Halt machte. Was mögen sie wohl gesagt haben! Dieser jedenfalls war sehr erzürnt und steckte, nachdem er die 350 Soldaten niedergemetzelt hatte, das Schloß in Brand. Auf Grund dessen behielt die Stadt 200 Jahre lang den Namen Azay-le-Brûlé, Azay die Niedergebrannte.

– Das Schloß: geöffnet von 1. April bis 30. Juni und von 1. Bis 30. September von 9.30-18h (bis 19h im Juli und August), vom 1. Oktober bis 31. März von 10-12.30h und von 14-17.30h. Am 1. Januar, 1. Mai, und 25. Dezember geschlossen. Tel.: 47 45 42 04, Fax: 47 45 26 61, claudine.lagoutte@monum.fr. Auf Wunsch mit Führung. Von Mai bis September bietet die Stadt abends einen Gang durch das Schloß mit anschließenden Attraktionen. Weitere Auskünfte erteilt das »Syndicat d´initiative«.

Dieser »in die Indre eingefaßte, facettenreiche Diamant« wie Balzac das Schloß so treffend beschrieb, nahm uns völlig für sich ein, nicht nur wegen der allgemein anerkannten Anmut und Reinheit seines Renaissancestils, sondern auch wegen seiner menschlich freundlichen Dimensionen.

Die Frau Gilles Berthelots – er selbst war zu sehr mit seinen Aufgaben als Bürgermeister von Tours und Vorsitzender des Rechnungshofes beschäftigt – ließ ab 1518 das Schloß auf Grundpfählern und einem Teil der Ruinen der früheren Festung wieder aufbauen. Im Jahre 1527 mit der Hinrichtung ihres Cousins Jacques de Beaune-Semblançay, Finanzminister unter Franz I., wurden die Bauarbeiten allerdings unterbrochen, und die um ihre Haut fürchtende Familie machte sich aus dem Staub. Der König ergriff von dem unvollendeten Schloß Besitz und schenkte es einem seiner Kriegsgenossen. Erst im 19. Jh., unter der Familie Biencourt, wurden die Arbeiten wieder aufgenommen. Das Ergebnis entspricht jedoch sicher nicht dem ursprünglichen Plan. Der linke Seitenflügel scheint zu fehlen.

Bemerkenswert ist die sich nach oben verjüngende Treppe. Der Verjüngungseffekt entsteht durch fünf versetzte Mauernischen in der ersten Etage und setzt sich im schlanken Ziergiebel der oberen Fenster fort. Sogar Elemente wie Pechnasen und Wehrgänge, die gewöhnlich mit der Strenge militärischer Architektonik in Verbindung gebracht werden, tragen hier wie mit dem Zauberstab zur Eleganz des Ganzen bei. Eine Runde um das Schloß bestätigt dies. Drinnen ist besonders die Küche mit Rippengewölbe eine Pracht. Dort wird auch der Höhenunterschied zwischen dem Gebäude des 19. Jhs und dem ursprünglichen Grundriß, auf dessen Höhe sich der Lichtschacht befindet, deutlich. An den Wänden lustige Küchenutensilien. In den folgenden Räumen: gewaltige Kamine, Wandteppiche aus Flandern und Frankreich, Möbel, darunter ein achtzig Kilo schwerer, spanischer Reisearbeitstisch mit Elfenbein-Intarsien aus dem 16. Jh. und ein weiterer aus Portugal aus dem 17. Jh. Im blauen Schlafgemach der zweiten Etage ein Bett mit fein gearbeiteter, unvollendeter Seidenstickerei aus dem 18. Jh.

– Église Saint-Symphorien: vom Schloß aus in die erste Straße links, die von der Rue Balzac abzweigt, und wieder links: eine Abfolge kleiner Plätze. Eine ausgefallene Kirche mit Elementen ihrer gesamten Geschichte (5.-17. Jh.), bei der allein schon die Verzierung des Giebels aus der Karolingerzeit, der sich um das Spitzbogenfenster der rechten Fassade aus dem 13. Jh. zieht, für den Abstecher entlohnt. Besondere Beachtung verdient der Faltenwurf der Gewänder der Figuren, vielleicht Heilige mit Christus in der Mitte, die das Rundbogenwerk doppelreihig schmücken.

Château de l´Isette: ca. 2,5 km Richtung Langeais, auf der linken Seite. Fast scheint es sich um den Zwillingsbruder des Schlosses von Azay zu handeln. Zeitweilig war es Zeuge der tumulthaften Liebesbeziehung zwischen Rodin und Camille Claudel.