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Britisches Museum

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Sehenswert: British Museum

Kostbarkeiten aus der Geschichte

Bibliothek - Manuskripte, Bücher und Dokumente

Das Britische Museum (51)*

Diese reiche, in einem schönen Lokal aufgestellte Sammlung verdient, der großen Nation anzugehören, deren Namen sie führt. Der unermüdliche Sammler, Sir Hans Sloane, legte in der Mitte des vorigen Jahrhunderts den Grund dazu, indem er sein eigenes, sehr bedeutendes Museum der Nation vermachte. Mehrere große Sammlungen wurden damit vereinigt, und so erreichte das Ganze den Grad von Vollständigkeit, auf welchem es sich heute befindet.

Die prächtige Vasensammlung des Sir William Hamilton (52) ist die schönste Zierde desselben; froh verweilten wir im Anschauen dieser schönen Formen, welche, von den englischen Fabrikanten glücklich benützt, durch ganz Europa die bis dahin Mode gewesenen häßlichen, verkrüppelten Formen verbannten und nach und nach unserem Hausgeräte die jetzt übliche schöne, geschmackvolle Gestalt gaben.

Alles, was uns an die goldene Zeit, an die schönen Jahrhunderte der Römer und Griechen erinnern konnte, fanden wir hier vereint. Mannigfaltiger Schmuck, Siegelringe, Lampen, Hausgötter, unendliches kleines Gerät, aus den Gräbern von Pompeji und Herkulaneum auf´s Neue zum freundlichen Tageslicht gefördert, vergegenwärtigte uns das heitere, gefällige Dasein der Alten; wir lebten mit ihnen, solange wir in diesen Zimmern verweilten.

Schnell streiften wir hernach durch die Säle, welche das Naturalienkabinett, die ausgestopften Tiere und Mineralien enthalten, so auch durch das sehr beträchtliche Münzkabinett. Wenn man in seiner Zeit so beschränkt ist, wie wir es hier waren, so muß man entbehrend zu genießen wissen und lieber vieles aufopfern und nur etwas mit Muße betrachten, um davon eine bestimmte interessante Erinnerung mit sich zu nehmen. Momentanes Verweilen bei vielen Gegenständen verwirrt und ermüdet ohne allen Nutzen.

Auch die von Kapitän Cook (53) aus dem fünften Weltteile mitgebrachten Merkwürdigkeiten, die hier ein ganzes Zimmer anfüllen, betrachten wir nur im Vorübergehen.

Mehrere Zimmer enthalten in Schränken, mit Drahtgittern versehen, die große, reichhaltige Bibliothek. Außer eine großen Zahl älterer, zum Teil sehr seltener Bücher, faßt sie beinahe alles, was bis auf den heuten Tag in England herauskommt; denn von jedem mit Privilegium gedruckten Buche muß ein Exemplar hier abgeliefert werden. Wir verweilten nur einige Zeit in dem Zimmer, in welchem sich die Manuskripte befinden.

Nicht nur alte Handschriften aller Art, von den beschriebenen Palmblättern und in Stein gehauenen ägyptischen Hieroglyphen an bis auf die krausen, bunten Schriftzüge der Mönche des Mittelalters, werden hier aufbewahrt, sondern auch zahllose Briefe und Manuskripte der interessantesten und berühmtesten Menschen späterer Zeiten; eine unendliche Fundgrube für den Geschichtsforscher, dem ein freundliches Geschick erlaubt, sie mit Muße und Auswahl zu benutzen. Und welch ein Feld würde sich hier dem Anekdotenjäger und Zeitblättler eröffnen, der nach Willkür fouragieren könnte! Wie viele Bände interessanter Briefe könnten da ausgewählt werden, zum Nutz und Frommen unseres lese- und schreibsüchtigen Zeitalters, vor welchem kein Schreibtisch, kein Portefeuille mehr sicher ist! Briefe vieler englischer Könige und Königinnen, vieler Männer, die auf ihr Zeitalter wirkten, füllen, wohlgeordnet in Mappen, eine Menge Schränke.

Man war so gefällig, uns manches zu zeigen; unter anderem einen ganzen Band eigenhändiger, mitunter ziemlich zweideutiger Briefe der Königin Elisabeth an ihren unglücklichen Liebling, Grafen Essex. Ihre Handschrift ist merkwürdig. Diesen nicht schönen, aber mit Schnörkeln überladenen, sehr großen Buchstaben sieht man es an, dass sie langsam und vorsichtig geformt wurden, und trotz aller Schmeichelworte, die sie ihrem Geliebten hinzirkelte, möchte man in etwas verändertem Sinne mit Schillers Maria Stuart ausrufen: »Aus diesen Zügen spricht kein Herz!« Auch von dieser unglücklichen Nebenbuhlerin Elisabeths werden hier viel Briefe aufbewahrt, größtenteils in französischer Sprache. Besonders rührend war uns der, welchen sie an Elisabeth liebend und vertrauend schrieb, sowie sie die englische Grenze betreten hatte, ohne die traurige Zukunft zu ahnen, die sie sich mit diesem Schritt bereitete.

[Fußnote (51): Großbritanniens größtes Nationalmuseum (Archäologie, Geschichte, Völkerkunde und Kunst) und Nationalbibliothek; die naturgeschichtlichen Sammlungen sind heute in Kensington zu finden. 1753 wurde die Kollektion des irischen Arztes Hans Sloane im Montagu House verstaut. Als die Sammlungen zu groß wurden, erbauten die Brüder Smirke von 1823-55 das neue Museum.]

[Fußnote (53): James Cook (1728-79), Forscherungsreisender. Seine Beschreibungen, deutsche Bearbeitung G. Forster, machten ihn berühmt.]