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Südwesten

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Drittgrößte Stadt: Bristol

Freundliches Matlock

Ausblick vom High Tor

Nach Bristol hingegen treibt selten die Freude, öfter die Not, so ausgezeichnet schön auch die dortige Gegend ist. Man weiß, wie viele Opfer die Schwindsucht jährlich in England hinwegrafft. Bristols Quelle wird gewöhnlich als der letzte Versuch der Rettung von den englischen Ärzten angeraten. Dass es wirklich oft der letzte sei, bezeigen die vielen Denkmäler auf dem dortigen Gottesacker.

An allen diesen Plätzen ist die Lebensweise sehr verschieden: in den kleinen Bädern, wie in Matlock, lebt man still und ruhig, geselliger zwar, wie es sonst in England unter Unbekannten gebräuchlich ist, aber dennoch weit weniger so als in Deutschland in ähnlichen Verhältnissen.

In den großen, von den Vornehmen besuchtesten Bädern herrscht eine strenge, wunderliche Etikette. Wir werden weiterhin Gelegenheit finden, hiervon ausführlicher zu sprechen. Vorjetzt kommen wir zu Matlock und seinen Umgebungen.

Matlock*

Freundlich und dennoch erhaben, einsam und dennoch voll regen Lebens, ist dieses liebliche Tal eines der schönsten Plätzchen Britanniens.

Sei es immer, dass seine Heilquelle wenig wirksam ist, es braucht ihrer nicht, um in dieser himmlischen Gegend neue Lebenskraft zu finden. Auch sahen die fünfzig oder sechzig Badegäste, die wir hier fanden, gar nicht aus, als ob Äskulap sie mit seinem Schlangenstabe hierher gebannt hätte. Sie schienen sich vor dem wilden, unsteten Treiben des Lebens hergeflüchtet zu haben, um einmal ruhig Atem zu schöpfen und dann mit frischem Mute wieder an ihr Werk zu gehen.

Der eigentliche Badeort besteht nur aus drei schönen großen Gasthöfen und zwei Logierhäusern. Das Dorf Matlock liegt etwa anderthalb Meilen davon. Es ist unmöglich, dies reizende Tal durch bloße Beschreibung anschaulich darzustellen: so still, so heimlich liegt es da, durchrauscht von der Derwent, umgeben von hohen, kühnen Felsen, die bald schroff und nackt gen Himmel starren, öfter noch ihre mit den schönsten Bäumen gekrönten Gipfel freundlich erheben.

Wir schifften in einem Nachen auf der Derwent umher, so weit sie befahrbar ist; freilich nur eine kleine Strecke; denn es ist ein wildes Bergwasser, voll Fällen und Strudeln. Die Felswände zogen sich enger zusammen, als wollten sie uns den Weg versperren; die Sträucher am Ufer bildeten Lauben über den Nachen, und drohend schauten die Felsspitzen von oben hinein. Dann traten sie wieder zurück, und wir sahen freundliche Hütten, mit Gärtchen und Wiesenplätzchen untermischt, an ihrer Seite hangen; stattliche Häuser, große Fabrikgebäude, zu ihren Füßen liegen. Kunstlose, wie von der Hand der Natur geschaffene Spaziergänge ziehen sich an beiden Ufern zwischen Wald und Fels dahin, bis zurück zu unserem Gasthofe.

Ihm gegenüber erhebt sich der höchste Fels dieser Gegend. Die Landleute nennen ihn High Tor. Auf einem größtenteils schattigen, nicht sehr beschwerlichen Wege stiegen wir hinauf. Wir erblickten oben von einer Seite das enge Tal in der ganzen Pracht seiner üppigen Vegetation. Mitten hindurch gaukelt der Strom; an dem gegenüberstehenden, waldbewachsenen Fels lehnen die netten Gebäude des Bades und geben ein freundliches Bild des bequemen, geselligen Lebens in dieser Abgeschiedenheit. Von der entgegengesetzten Seite blickten wir in ein zweites Tal. Als ob noch nie ein menschlicher Fuß bis hierher gedrungen wäre, so heimlich in verborgener Stille liegt es da, rings umgeben von grünen Bergen. Schöne Herden weideten ohne Hirten im hohen Grase. Nirgends sahen wir die wilde, einfache Schönheit der Natur glücklicher mit hoher Kultur vereint als hier am Ufer der Derwent. Die Freuden der Badegäste beschränken sich größtenteils auf den Genuß dieser herrlichen Natur; denn ein Bowling green und einige Billard-Tafeln sind alles, was die Kunst zu ihrem Ergötzen ihnen hier darzubieten wagt. Getanzt wird selten und nur auf Veranlassung der Badegäste selbst: denn der Spekulationsgeist der hiesigen Wirte reicht nicht so weit. Dem Wasser erzeigt man die Ehre, es warm zu nennen, wir fanden es kaum lau; es schmeckt recht gut und ist sehr klar. Die Bäder sind so bequem und reinlich eingerichtet, wie man es nur in diesem Lande erwarten kann.

Für den Geologen ist Matlock höchst interessant, die verschiedenen Steinarten, Flußspate, Stalaktiten usw., welche Derbyshire hervorbringt, sind allbekannt. In Matlock findet man sie in zwei eleganten Läden in aller ihrer Mannigfaltigkeit zum Verkaufe und zum Anschauen ausgestellt, zum Teil roh in sehr schönen Exemplaren für den Liebhaber und Sammler, der auch zu Kaminen, Urnen, Vasen, Schreibzeugen und unzähligen anderen Dingen verarbeitet wird. Alle diese Sachen werden zu niedrigen Preisen hier verkauft, sie sind vortrefflich poliert, von schöner Form und sehen ungemein glänzend und elegant aus. Leider ist es wegen ihrer Zerbrechlichkeit schwer, sie weit zu verführen.

Noch ist eine versteinernde Quelle hier merkwürdig. Alles, was man hineinlegt, wird in kurzer Zeit inkrustiert, und wenn es länger liegt, ganz in Stein verwandelt. Der Wächter dieser Quelle zeigte uns eine auf diese Weise verewigte Perücke und einen Haarbesen, die beide in dieser Gestalt gar wunderlich aussahen.