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Geburtstag

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Schlittschuhläufer im Hyde Park

Des Königs neue Kleider

Geburtstagsfeier des Monarchen

Auch die Spaziergänge wimmeln von Spazierengehenden, die zum Teil jene schimmernden Equipagen verließen, um hier zu lustwandeln und Bekannte zu treffen. Besonders brillant sind dann die Alleen von Kensington; man hat berechnet, dass an solchen Tagen bisweilen hunderttausend Menschen zugleich sich in den Parks und den Gärten von Kensington des blauen Himmels und der schönen Erde freuen.

Auch im Winter versammeln sich oft viele tausend Menschen dort, besonders, wenn bei starker Kälte der Strom im Hyde Park mit Eis bedeckt ist. Dann zeigen die Schlittschuhläufer ihre Künste, man eilt hin, sie zu bewundern; für Erfrischungen und Wärme ist in dazu erbauten Pavillons gesorgt, und was noch besser ist, für Hilfe bei möglichen Unglücksfällen, durch eine sehr zweckmäßige, an den Ufern des Stroms errichtete Rettungsanstalt.

Des Königs Geburtstag*

Dieser Tag, der vierte Junius, welchen auch der Nachfolger Georges des Dritten als seinen Geburtstag angenommen hatte, ist für die Londoner feiner Welt der wichtigste im ganzen Jahre, der Wendepunkt, welcher den Sommer von dem Winter scheidet, er gibt für die nächsten zwölf Monate den Ton an für Moden, Equipagen; alles wird für diesen Tag und nach diesem Tag berechnet. So war es wenigstens, solange des alten Königs Gesundheit ihm erlaubte, sich öffentlich sehen zu lassen. Sein späteres anhaltendes Übelsein wird freilich in Hinsicht des an diesem Tage üblichen Zeremoniellen manche Änderung herbeigeführt haben, doch die Hauptsache blieb gewiß, solange er lebte, und es wird auch später, solange es Könige von England gibt.

Schon Monate vorher sind alle Sattler, Wagenfabrikanten, Schneider, Juweliere und Modehändler in großer, eilender Geschäftigkeit; neue Kleider, neuer Putz werden ersonnen und gemacht, Juwelen umfaßt, Pracht-Equipagen und glänzende Livreen angeschafft, alles wird aufgeboten, um an diesem Tage eine Stunde lang zu glänzen, denn viel länger währt die ganze Herrlichkeit nicht. Die Zeitungen tun freilich das ihrige nach besten Kräften, um diesen Glanz, soviel an ihnen liegt, zu verewigen. Sie füllen viele Tage hindurch lange Kolonnen mit Beschreibungen desselben aus, jedes Quästchens an den Damenkleidern, jeder Stickerei an den Galaperücken der Herren wird ehrenvoll darin gedacht, auch Wagen und Livreen werden nicht vergessen; aber was hilft das alles? Solch eine papierene Ewigkeit ist in unseren Tagen von gar kurzer Dauer.

Im Park von St. James bemerkten wir an diesem Tage um ein Uhr viele Leute vor einer kleinen Hintertüre des Palastes, die den König dort aussteigen sehen wollten, wenn er vom Buckingham House käme. Kanonendonner verkündete einstweilen die Feier des Tages; Erwartung, Freude, Liebe strahlte von allen Gesichtern, denn das Volk hing mit kindlicher Liebe an dem guten alten Georg, unter dessen langer Regierung der größte Teil desselben geboren ward. Wir warteten seine Ankunft nicht ab, um nicht zu sehr ins Gedränge zu geraten, sondern begaben uns in die schöne und breite Straße von St. James, welche gerade zum Haupteingange des Palastes führt. Von dem Balkon eines Privathauses konnten wir dort den Zug der Glückwünschenden bequem ansehen.

Es war ein schöner, lebensfroher Anblick! Kein Fenster, kein Balkon der ziemlich langen Straße blieb unbesetzt, frohe Gesichter schauten aus allen herab; Kopf an Kopf, dicht gedrängt, sogar die Dächer wimmelten von Zuschauern; eine unzählbare Menge wohlgekleideter Leute drängte sich auf der Straße weit über den Fußpfad hinaus, so dass in der Mitte kaum Platz für die Wagen blieb. Eine Menge Equipagen und Mietwagen bildeten an der einen Seite eine lange, stillstehende Reihe. Fast lauter hübsche Frauen und Mädchen blickten neben den reizendsten Kinderköpfchen neugierig daraus hervor in das bunte Gewühl. Vor dem Schlosse paradierte die schöne königliche Garde zu Pferd, reich gekleidete Hofbediente standen am Tore desselben, auch die hundert Yeomen (46) des Königs, eigentlich eine Art Schweizergarde. Ihre Kleidung ist noch genau dieselbe, die sie im fünfzehnten Jahrhundert war, bunt und wunderlich anzuschauen. Das Volk nennt diese Trabanten des Königs Ochsenfresser, the King´s Beefeaters, und ihre wohlgenährten Figuren scheinen diesen Ehrentitel reichlich zu verdienen. So sonderbar sie in der über und über mit Gold besetzten, scharlachroten altenglischen Kleidung, mit den auf Brust und Rücken glänzenden silbernen Schilden und dem flachen, mit bunten Schleifen gezierten Barett auch aussehen, so gibt ihre Erscheinung dem Feste doch etwas Feierliches, Altväterisches, das uns in vergangene Zeiten versetzt. Dieser Eindruck wurde noch vermehrt, als die lange Reihe der Leute von der Feuer-Assekuranz-Kompagnie (47) aus dem Palaste, wo sie ihren Glückwunsch abgelegt hatten, in Prozessionen nach einer Taverne zog, um dort auf des Königs Gesundheit feierlichst zu trinken. Auch diese erschienen in wunderlicher, karmesinroter Kleidung. Vor ihnen her wurde das beliebte God save the King geblasen.

[Fußnote (46): King´s Body Guard Yeomen of the Guard, (1485 Leibwache für den Herrscher). Yeomen Warders: deutlich älter als die Body Guards.Diensthabende im Tower, nicht verwechseln.]

[Fußnote (47): Die Feuer-Assekuranz-Kompagnie war eine Gruppe der Phönix Versicherungsgesellschaft und diente als Feuerwehr.]