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Maidstone

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Blackheath

Docks von Deptford und Woolwich

Besuch des Tunbridge Park

Man kann sich den imposanten Anblick des Ganzen kaum vorstellen. Schöne breite Quais, belebt von allem Gewühl des Seehandels, umgeben die mit Schiffen bedeckten Bassins. Einer Reihe Paläste gleich, stehen die großen prächtigen Magazine die Quais entlang; kein Fleck ist unbenutzt, und trotz der Größe des Ganzen scheint es oft noch an Raum zu fehlen. Diese Einrichtung gewährt dem Handel nicht zu berechnende Vorteile; denn die mit den kostbarsten Waren beladenen Schiffe liegen hier gesichert gegen allen Diebstahl, in einem ganz abgesonderten Raume, geschieden von den übrigen Fahrzeugen, welche den Hafen überfüllen. Da die Westindienfahrer gewöhnlich in großen Flotten zugleich anlangen, so entstand bei ihrer Ankunft sonst immer eine gewaltige Verwirrung, ein fürchterliches, unendliches Schaden und Verlust mit sich bringende Gedränge auf dem Strome. Dem ist nun vorgebeugt, und alles geht mit Ruhe und Ordnung vonstatten.

Den prächtigen Docks gegenüber breitet sich das stattliche Greenwich aus, und man braucht nur in einem der immer bereit liegenden Boote quer über die Themse zu schiffen, so ist man in diesem der Ruhe gewidmeten Asyl; nur einige Schritte weiter in dem schönen Park von Greenwich und die friedlichste Stille umgibt uns, kein Laut von jenem unruhigen Treiben der gelderwerbenden Menge tönt mehr herüber.

Hinter dem Park erstreckt sich die nicht große, aber als Haupttummelplatz englischer Straßenräuber berüchtigte Heide von Blackheath, welche jedoch in üblerem Rufe steht, als sie es verdient. Im Ganzen scheint die Zahl jener Unholde in England ziemlich abgenommen zu haben, und manche Mordgeschichte, die man in den englischen Blättern liest, wurde nur ersonnen, um den Platz zu füllen, oder den übrigen, oft faden Inhalt der Neuigkeiten bekannter zu machen.

Von Blackheath aus machten wir eine kleine Lustreise durch einen anderen Teil der Grafschaft Kent, als der war, welchen wir auf der Reise von Dover nach London sahen.

Gleich anfangs erfreute uns, wenige Meilen von London, eine in ihrer Art einzige, wunderherrliche Aussicht. Wir sahen die mächtige Stadt, ihre unzähligen Türme und den Dom von St. Paul ausgebreitet daliegen am Ufer des Stroms, der, bedeckt mit Masten, wirklich im strengsten Sinne des Worts wie ein seiner Zweige beraubter Wald sich zeigte. Gerade vor uns lag Greenwich, zur linken Hand die nicht unbeträchtliche, fast einzig dem Schiffsbau gewidmete Stadt Deptford mit ihrem Hafen, ihren Docks, ihren gewühlvollen Schiffswerften, rechts die ihr ähnliche Stadt Woolwich, in welcher sich das ungeheure Arsenal der englischen Seemacht nebst vielen dazugehörigen Schmieden, Magazinen und Fabriken befindet. Das sanfthügelige Land ringsumher, belebt durch unzählige Dörfer, trägt ganz den englischen Charakter; alles ist grün, fruchtbar, angebaut und geschmückt mit einzelnen Gruppen ehrwürdiger Eichen und Buchen.

Manchen schönen Park mit seiner Villa, manche reizende ländliche Wohnung sahen wir im Vorbeifahren, bis zu dem vierzehn Meilen von London entlegenen Landstädtchen Bromley. Hier drängen sich indessen die Landsitze nicht so aneinander als in der Gegend um Richmond herum, denn es fehlen die höheren Reize, die dort der alles belebende Strom gewährt, und überhaupt mangelt es der Grafschaft Kent an Gewässern.

Nahe bei Bromley besuchten wir einen alten Freund, den wir vor mehreren Jahren in einem kleinen Hause der City als einen mittelmäßig wohlhabenden Kaufmann in seinem Comptoir verließen und hier als den reichen Besitzer von Tunbridge Park wiederfanden. Ein schöner Park, angenehme Gärten und Spaziergänge umgeben die elegante, von unserem Freunde ganz im italienischen Geschmacke erbaute Villa. Der Tempel der Ceres nahe bei Rom diente der Hauptfassade zum Modell.