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Derbyshire

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Cromfords Baumwollspinnerei

Hübsches Weibervolk und saubere Gören

Maria Stuart im Luxusknast

Jenseits der Derwent, dem Dorfe schräg gegenüber, liegt Cromford Mill, die Baumwollspinnerei des Sir Richard Arkwright, die erste, welche er, der eigentliche Erfinder der in ihren Wirkungen ans Wunderbare grenzenden Spinnmaschinen, erbaute. Dieser durch seine mechanische Geschicklichkeit und seinen ausdauernden Mut so merkwürdige Mann war ursprünglich ein Barbier; er hatte bei seinen Unternehmungen Schwierigkeiten zu bekämpfen, denen ein gewöhnlicher Mann unterlegen wäre. Er verdiente, mächtige Freunde zu finden, die ihm hilfreich beistünden, und er fand sie; sein großes Unternehmen gelang, und er selbst lebte lange genug, um im hohen Wohlstande sich dessen zu erfreuen. Noch heute ist diese Fabrik, welche jetzt aus drei Spinnmaschinen besteht, im Besitz der Familie Arkwright, welche die ganz nahe dabei gelegene schöne Villa Wellersley bewohnt. Das von weißen Steinen massiv erbaute Wohnhaus sowohl als die großen Fabrikgebäude am Ufer des Stromes, beschirmt von mächtigen Felsen, erhöhen die Schönheit der Gegend. Noch erfreulicher aber ist der Anblick des Wohlstands, der durch sie ringsumher unter den Einwohnern des Tals verbreitet wird. Wir sahen mit wahrer Freude an einem Sonntagabend die wohlgekleideten Arbeiter mit ihren geputzten Weibern und Mädchen spazieren gehen, umspielt von schönen reinlichen Kindern.

Die englischen Bauernmädchen und jungen Weiber sind durchgängig schöne Gestalten, älter werden sie oft zu dick. In ihrem Putze sehen sie gewissermaßen vornehm und damenhaft aus. Ein feiner Strohhut, mitfarbigem Bande geschmückt, auf einem kleinen schneeweißen Häubchen, steht den artigen bescheidenen Gesichtern sehr gut. Dazu große, weiße musselinene Halstücher, ein Rock von durchgestepptem Zeug von eine hellen Farbe, himmelblau oder rosenrot bei den Eleganten, und ein vorn offenen kattunenes langes Kleid, hinten künstlich mit Nadeln aufgesteckt, alles blendend rein bis auf die feinen weißen gewebten Strümpfe. Dies ist ihr Sonntagskostüm, von welchem das der Wochentage nur durch dunklere Farben und schlechteren Stoff abweicht.

Hinter dem Wohnhause von Wellersley strecken sich die dazu gehörigen großen, wohlangelegten Promenaden hoch den Berg hinan. Die mannigfaltigen Ansichten des Tales von oben herab sind wunderschön. Die Gärten enthalten Treibhäuser und eine hübsche Orangerie. Überall sieht man die segensreichen Früchte des Fleißes und der Industrie.

An einem frühen Morgen verließen wir endlich ungern das freundliche Matlock. Lange noch zog sich der Weg durch das Tal am Ufer der bald ruhig hinfließenden, bald über Felsstücke wild daherbrausenden Derwent. Dann wand sich der hohe Berge hinan, deren Gipfel uns eine weite Aussicht auf das fruchtbare, durch unzählige Fabriken und Häuser belebte Land eröffneten. Jetzt führte der Weg abwärts; im Morgenlicht schimmerte uns ein prächtiges Gebäude entgegen. Es war Chatsworth (7), seit zweihundert Jahren der Landsitz der edlen Familie von Cavendish, jetzt ihrer Abkömmlinge, der Herzöge von Devonshire.

Das Schloß liegt romantisch in einem weiten tiefen Tale. Hinter demselben erhebt ein hoher Fels den stolzen, waldgekrönten Scheitel. Vor dem Schlosse windet sich silbern die Derwent durch das lachende Grün, eine sehr schöne steinerne Brücke führt hinüber. Wir fuhren durch den Park; neugierig guckten seine Bewohner, die Hirsche und Rehe, von beiden Seiten des Wegs in unsere Postchaise.

[Fußnote(7):Das Schloß Chatsworth, 1687-1706 vom Herzog von Devonshire in italienischem Spätrenaissancestil erbaut, ersetzte ein älteres Schloß, in dem Maria Stuart einst gefangen gehalten worden war. Beim von Johanna hier beschriebenen Zimmer handelt es sich nicht um das ursprüngliche Zimmer Marias.]