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Woodstock

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Erkundungstour durch Woodstock

Park von Blenheim

Manieren im Schloß

Blenheim*

Als wir uns in Woodstock morgens früh anschickten, nach unserer Gewohnheit vor´s erste den Park zu durchwandern, sahen wir mit Erstaunen, dass ein himmelhoher Phaeton (3), mit zweien ziemlich unbändig scheinenden Schimmeln bespannt, unser vor der Tür des Gasthofes harrte. Die Wirtin versicherte uns mit der in solchen Fällen gebräuchlichen Eloquenz, es wäre geradezu unmöglich den Park zu Fuße zu sehen. Wir fügten uns also ihrer Einrichtung, bestiegen das so gefährlich aussehende Fuhrwerk und hatten alle Ursache, mit diesem Entschlusse zufrieden zu sein. Der Park ist so groß, dass kaum anderthalb Stunden zu der Fahrt hinreichten. Die Schimmel waren weniger unbändig, als sie zuerst schienen, und die große Höhe des jetzt aus der Mode gekommenen ganz unbedeckten Fuhrwerks erleichterte gar sehr das Umsehen nach allen Seiten und den Genuß der verschiedenen sich darbietenden Aussichten.

Übrigens wird Blenheim auf eine noch umständlichere und dadurch auch kostspieligere Weise gezeigt, als es bei anderen Landsitzen gebräuchlich ist. Der Geist der stolzen Frau ihrer Zeit, der Lady Sarah, Marlboroughs Gemahlin, scheint noch jetzt auf die in ihrem ehemaligen Wohnsitze übliche Etikette Einfluß zu haben.

Ein großes, prächtiges Tor mit zwei Nebengebäuden, die Wohnung des Türwärters, dient dem Park zum Haupteingange; eine Inschrift auf einer darüber angebrachten Marmorplatte belehrte uns, dass Lady Sarah diese Art von Triumphbogen ihrem verstorbenen Gemahl zu Ehren erbaute. Der Türhüter empfing uns mit einer wahrscheinlich für diesen Zweck ein für allemal auswendig gelernten Anrede, ging ganz ernsthaft etwa fünfzig Schritte neben dem Wagen her, dann ließ er ihn halten. "Dies ist die erste Aussicht", rief er uns zu; "da drüben sehen Sie ein Wasser mit einer schönen geraden Brücke; daneben rechts steht ein hoher Obelisk, des Herzogs taten, die Schlachten, die er schlug und gewann, sind daran zu lesen; seine Statue steht auf der Spitze des Obelisks und ist zehn Fuß hoch, so klein sie auch von hier aus erscheint." So ging es eine feine Weile; uns ward langweilig zu Mute: denn alles, was wir später in der Nähe sehen sollten, ward hier von weitem gezeigt, ohne dass man uns Zeit gelassen hätte, der wirklich mannigfaltigen und lieblichen Aussicht uns zu erfreuen. Dennoch war es unmöglich, dem Strome dieser eingeübten Rede Einhalt zu tun.

Endlich waren wir an dem Orte, wo der lästige Redner, nach der hergebrachten Regel dieses Hauses, von uns scheiden mußte. Er übergab uns einem Förster, der uns zu Pferde begleitet, legte uns noch zum Beschluß, trotz der herzoglichen Livree, die er trug, den endlichen Zweck aller seiner Redekunst, besonders an´s Herz und schied, nachdem er ihn erreicht hatte. Sein Nachfolger war zum Glück weniger beredt; bescheidentlich ritt er neben uns her und sprach nur, wo es notwendig war.

Der Park ist einer der schönsten in England. Sanfte Anhöhen, liebliche Täler in freundlicher Abwechslung, bedeckt mit dem schönsten Grase, werden von vielen hundert Rehen und Damhirschen belebt. Mehrere schöne steinerne Brücken führen über einen Kanal, welchem man sehr täuschend das Ansehen eines sanft sich hinwindenden Stroms zu geben wußte. Einige zerstreut liegende Tempel und andere Gebäude, der Obelisk mit der Statue des großen Marlborough und unzählige alte herrliche Bäume gaben ihm einen unbeschreiblichen Reiz. Überall sind mannigfaltige Aussichten auf das Schloß, das Wasser, die Brücken, die Gebäude mit Auswahl und bescheiden sich verhüllter Kunst veranlaßt. Nachdem wir alles gehörig bewundert und uns auch mit dem Förster abgefunden hatten, übergab uns dieser dem Gärtner, welcher uns in den das Schloß in der Nähe umgebenden, zum Spazierengehen bestimmten Anlagen herumführte. Auch diese sind sehr reizend und lieblich, aber bei weitem nicht so prächtig als die von Stowe. Ihre zierliche Einfachheit muß zwar gefallen, doch dünkte uns, sie würde sich besser zu jenem kleineren, in prunkloserem Stil erbauten Schlosse schicken, und dagegen die mit so viel Reichtum ausgestatteten Gärten von Stowe zum Prachtpalaste von Blenheim. Eine wasserreiche, immer laufende Kaskade, ein lieblicher Weg um einen kleinen See herum und viele vorzüglich große, schöne Bäume bilden hier die schönsten Partien.

Als wir des nachmittags hingingen, das Schloß zu sehen, wurden wir am Eingange des zweiten Hofes von einer alten Frau empfangen, die wir anfangs für die Haushälterin hielten, welche uns, wie das in England gebräuchlich ist, die Zimmer zeigen sollte. Sie machte, wie alle Engländerinnen der unteren Klasse, einen kleinen wunderlichen Knicks bei jedem Worte, das wir zu ihr sprachen, und führte uns mit großer Redseligkeit bis an das Schloß. Hier nahm sie wieder mit unzähligen Knicksen Abschied und belehrte uns, ihr Amt wäre, die hohen Herrschaften (the Quality nannte sie es) mit gebührendem Respekt zu empfangen und dahin zu sehen, dass sie, wie es sich gehöre, über den Hof begleitet würden. Wir gaben ihr lachen ein paar Schilling und das Zeugnis, dass sie ihrem Amte trefflich vorstehe, und so schieden wir mit wechselseitiger Zufriedenheit voneinander.

[Fußnote (3): Phaeton: elegante Herrenkutsche. Zweiachsige Kutsche, die nicht von Kutschern sondern von den Herrschaften selbst gelenkt wurde.]