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Dessert

Amüsierte Herren, gelangweilte Damen

Die Freuden des Bürgertums - Tee, Theater und Nationalspiel Whist

Jetzt fangen die Flaschen an, die Hauptrolle zu spielen; jeder schiebt sie seinem Nachbar zu, nachdem er sich etwas eingeschenkt hat, viel oder wenig, wie man will, nur leer darf das Glas nicht bleiben, und bei jedem Toast muß das Eingeschenkte ausgetrunken werden. Den Damen sieht man indessen durch die Finger, wenn sie bloß ein wenig nippen. Der Wirt bringt nur einige Toasts aus, er läßt seine Freunde leben, die sich denn wieder durch ein Gegenkompliment an ihm und der Dame vom Hause revanchieren; die königliche Familie wird nie bei dieser Gelegenheit vergessen. Einige der Gäste geben Sentiments zum besten, das heißt, kurze Sätze, die zuweilen auf die Damen Bezug haben, zum Beispiel: merit to win a heart and sense to keep it, Verdienst, ein Herz zu gewinnen, und Verstand, um es zu behalten. Alle diese Gesundheiten werden beim Trinken mit lauter Stimme von jedem wiederholt.

Diese Gesundheiten, Ermunterungen zum Trinken, Ermahnungen, die Flasche weiterzuschieben, sind alles, was man jetzt hört. Bald nachdem man dem König die gebührende Ehre erzeigt hat, erhebt sich die Dame des Hauses aus ihrem Lehnsessel; mit einer kleinen Verbeugung gibt sie den übrigen Damen das Signal, alle erheben sich und trippeln sittsamlich hinter ihrer Führerin zur Tür hinaus. Sogar wenn Mann und Frau tête à tête allein essen, geht Madame fort und läßt den Eheherrn allein hinter der Flasche. Ob er dann auch Toasts ausbringt, ist uns nicht bekannt.

Jetzt, da die Frauen fort sind, wird es den Herren leichter um´s Herz, aller Zwang ist nun verbannt, sie bleiben unter sich allein, bei Wein, Politik und manchem derbem Spaß, den sie während unserer Gegenwart mühsam zurückhalten mußten. Ihr lautes Sprechen und Lachen verkündet dem ganzen Hause, dass ihnen gar wohl zu Mute sei. Wir aber, wir Armen, was wird aus uns? Da sitzen wir wieder am Kamin und sehen uns an und gähnen mit geschlossenem Munde. Nicht einmal Kaffee gibt es, um uns einigermaßen munter zu erhalten, Handarbeit in Gesellschaft wäre auch unerhört, der gegenseitige Anzug ist leider zu bald durchgemustert. In der trostlosesten Stimmung sitzen wir hier und sind allesamt des Lebens herzlich müde. Wie gern schliefen wir ein! Aber das schickt sich nicht.

Endlich ist eine Stunde so jämmerlich hingeschlichen. Wir haben vom Wetter gesprochen, vom Theater; das ist hier aber kein so gangbarer Artikel als in anderen Orten, denn man geht viel seltener hin. Die Fremde ist zehnmal gefragt worden, wie ihr London gefällt, und sie hat zehnmal pflichtschuldigst geantwortet: ganz ausnehmend wohl; da macht dann endlich die Frau vom Hause dem Jammer dadurch ein Ende, dass sie die Herren zum Tee bitten läßt.

Man sagt, die schnellere oder langsamere Befolgung dieses Winks sei das sicherste Zeichen, wer im Hause herrsche, ob der Mann oder die Frau. Indessen, wenn sie auch zögern, sie kommen doch, die Herren, ein wenig heiter, ein wenig redselig; aber, zu ihrer Ehre sei es gesagt, betrunken haben wir bei solchen Gelegenheiten keinen gesehen.

Die Dame macht jetzt den Tee sehr umständlich. Die Fragen, wie man ihn findet, wie man ihn wünscht, ob süß, ob mit viel Milch oder wenig, werden auch hier nicht unterlassen. In einigen Häusern wird er draußen serviert und vom Bedienten herumgereicht; doch dies sind Ausnahmen von der Regel; die englischen Ladies lassen sich ungern den Platz am Teetisch nehmen, den sie so ehrenvoll behaupten. Neben dem Tee wird auch sehr schlechter, dünner Kaffee geboten.

Die Konversation geht nun ein klein wenig rascher, indessen die Herren haben sich bei der Bouteille rein ausgesprochen, die Damen sind müde und sprechen überhaupt wenig, es wird selten ein munteres, erfreuliches Gespräch daraus. Nach dem Tee fährt man nach Hause, denn für´s Theater ist´s zu spät, oder man bleibt zum Spiel, je nachdem man eingeladen ist.

Whist ist das einzige übliche Spiel in Gesellschaft; von unserer Art zu spielen weicht man darin ab, dass man nur Partie Simple oder Double zählt, kein Tripel oder Quadrupel. Auf diese Weise kann man höchstens sieben Points in einem Tobber verlieren, deren man immer drei spielt, nie mehr, noch weniger. Die Karten sind sehr teuer und groß, aber ungeschickt. Dies ist wohl das einzige Fabrikat, in welchem die Engländer anderen Nationen nachstehen. Kartengeld ist nicht gebräuchlich, ebensowenig Trinkgeld an die Bedienten.