USA
Facettenreiche USA
Von der Mehrdimensionalität der US-Bürger
Gesichter Amerikas | Henselowsky + Boschmann Verlag | 238 Seiten | 14,90 Euro | von Markus Günther
Amerika, Land der unbegrenzten Möglichkeiten! In einer Zeit, die geprägt ist von den Terroranschlägen und Kriegen der letzten Jahre, und von einem zumindest in Europa negativ geprägten USA-Bild, hat der in Washington lebende deutsche Journalist Markus Günther ein Buch seiner gesammelten Reportagen über die Mehrdimensionalität der US-Bürger geschrieben. Denn ein ganzes Volk auf radikalen Patriotismus, Konsumbesessenheit oder konservative Religiosität zu reduzieren, ist einfach Unsinn.
Amerika, das war für mich, die ich ein Austauschjahr an einer Highschool in Illinois verbrachte, immer das Land der enormen Kontraste. Drückende Hitze draußen, während in allen Gebäuden die Klimaanlage auf Hochtouren lief, so dass man ohne Sweatshirt fror. Fuhr man mit dem Zug in die Großstadt Chicago ein, so durchquerte man zunächst endlose Slumviertel, bevor man die großen Prachtstraßen der Stadt zu sehen bekam, mit breiten Straßen, hohen Gebäuden, riesigen Einkaufsmalls und modernstem Prunk.
Diese Gegensätze führt auch Günther in seinem 2006 erschienenen Buch vor. Er erzählt von der gnadenlosen Härte der Justiz bei vergleichsweise geringen Vergehen, die jedoch neben der Todesstrafendebatte recht wenig Beachtung findet.
Er nimmt den Leser mit zu einem Motivationsseminar, schreibt über ein echt bayrisches Bergdorf in den Rocky Mountains, und vom Elend im überfluteten New Orleans. Seine mit feiner Ironie durchzogenen Beiträge machen einfach Spaß, was schon der Untertitel zu seiner Reportage über die Olympischen Winterspiele in Salt Lake City klarmacht: Am großen Salzsee hat man Angst vor Terroristen, Biertrinkern und anderen gottlosen Gestalten.
Einziges Manko: die Kapitel sind alle zu kurz! Klar, das liegt im Wesen einer Reportage, und gerade hier verbinden sich die vielen kleinen Geschichten wie kurze Augenblicke zu dem Mosaik, das Amerika ausmacht. Aber man möchte doch, nach den paar Seiten, die jede Reportage einnimmt, mehr erfahren, z. B. über Gigi Nelson, eine der Witwen und jungen Mütter der Terroranschläge des 11. September 2001, oder über die verrückten 8-Minuten-Trauungen in Las Vegas, oder das Wunderkind Condoleeza Rice, die eigentlich vor einer professionellen Pianistenkarriere stand. Da hilft nur eins: kaufen, schmökern, und, wenn dann die Neugierde so richtig geweckt ist, mehr über das Land der unbegrenzten Widersprüche lesen!
HM
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