Begräbnis
Schöne Leichen in Wien
Beerdigung als Gesellschaftsereignis
Kleine Geschichte der Wiener Bestattungen
Für Angehörige birgt ein Todesfall selten etwas Angenehmes. Doch während "Normale" nicht ein und aus wissen vor lauter Trauer, trösten sich Wiener mit einem pompösen Begräbnis über den Verlust ihrer Lieben hinweg. Bereits seit Jahrhunderten zelebrieren die (betuchten) Einwohner der österreichischen Hauptstadt die Bestattung aufwendig, um hinterher sagen zu können: Es war wenigstens "a schöne Leich" (also ein schönes Begräbnis).
Ja, ja, die Wiener haben ein besonderes Verhältnis zur Beerdigung. Man erinnere sich an den Leichenzug Kaiserin Zitas (1989), zu dem die besten Aussichtsfenster vermietet wurden.
Nicht einmal am Stück wurden frühere Herrscher beerdigt. Man nahm ihnen Herz und Eingeweide heraus, so dass ihre sterblichen Überreste an drei verschiedenen Orten ruhen: Herzen in der "Herzgruft" der Augustinerkirche, Eingeweide im Stephansdom (Herzogsgruft), Körper in der Gruft der Kapuzinerkirche. 146 Leichen findet man in den 138 Metallsärgen, alles Habsburger, bis auf Maria Theresias Kindermädchen. Herzensbecher (meist aus Silber, aber auch ein goldener) sind allerdings nur 54 vorhanden, da die getrennte Bestattung der Herzen nur zwischen 1624 (oder 1627) und 1878 erfolgte.
Des Sparens wegen kam Kaiser Joseph II. 1785 auf die Idee eines wiederbenutzbaren Sarges. Ein Jahr lang ließ man Tote durch eine Klappe aus dem Sarg ins Grab fallen, woraufhin ein neuer Toter in den Sarg konnte. Aufgrund heftiger Proteste zog der Kaiser die Verordnung zwar zurück, doch Arme mussten sie sich weiterhin gefallen lassen.
Da sich Adlige so ausgiebig dem Begräbnis widmeten, folgte ihnen bald auch das Bürgertum. Spätestens ab der Industrialisierung ging der Trend zum festlichen Begräbnis, dem wohl aufregendsten Gesellschaftsereignis. 1867 öffnete in der Hauptstadt das erste Bestattungsinstitut seine Pforten, das "Entreprise des Pompes Funèbres". Binnen fünf Jahren folgten Dutzende seinem Beispiel. Damals gönnten sich Wiener vor dem Begräbnis gern einige Leichenfotos - ein Glücksgriff für Fotografen, da Tote nicht mehr wackeln.
Als der Stadt die vielen Beerdigungsinstitute zu bunt wurden, legte sie 1907 die Bestattungsbefugnis in die eigenen Hände. Nachdem die privaten Beerdigungsunternehmen aufgekauft waren, hatte ab 1951 die "Städtische Leichenbestattung" das Heft in der Hand. Inzwischen wurde "Bestattung Wien" (ihr neuer Name) zu einem der größten Beerdigungsunternehmen der Welt. Die mittlerweile erneute private Konkurrenz hat wenig Erfolg.
Früher halfen komplizierte Seil- und Klingelverbindungen Scheintoten, während der Aufbahrung den Friedhofswärter auf sich aufmerksam zu machen. Weiteren Ängsten vor dem Scheintot-Begrabenwerden wirkte ein Dolch entgegen, den man dem Toten (oder Lebendigen?) vor der Bestattung ins Herz stach. Noch heute bietet ihn das Wiener Begräbnisunternehmen an. Doch sie hat auch andere Nettigkeiten auf Lager: Pressung der Asche zu einem Diamanten, Verbrennung, Waldbegräbnis
Neben anderen (Grab-)Besonderheiten wartet in Wien übrigens der einzige stilreine Biedermeierfriedhof der Welt, der Friedhof St. Marx. Hier in der Nähe des Hauptfriedhofs wird niemand mehr begraben; stattdessen soll er der Erholung dienen.
Bestattungsmuseum der Bestattung Wien (kurz "Totengräbermuseum")
Goldegggasse 19
4. Bezirk
Wien (Österreich)
Tel.: 0043 1 501 95
Besichtigung nach telefonischer Anmeldung
Eintritt: ca. fünf Euro
www.bestattungwien.at