Geschichte
Guadeloupes Hauptstadt
Pointe-à-Pitre (97110)
Im Wirtschaftszentrum der Insel leben etwa 100.000 Menschen, wenn man die Einwohner aus dem Einzugsgebiet Abymes und Gosier zu den 26.000 Bürgern von Pointe-à-Pitre selbst hinzuzählt. Auf den ersten Blick hat die Stadt nichts Verführerisches an sich, vor allem wenn man vom Flughafen kommt. Betonierte Vorstädte in trauriger Anordnung, Verkehrsstaus, höllischer Autolärm und Abgasgestank während der Stoßzeiten usw.
Am Victoire-Platz gesteht man ihr dann schon etwas mehr Charme zu. Aber es ist ohnehin höchst unwahrscheinlich, dass sich jemand länger hier aufhalten wird, denn es fehlt an Übernachtungsmöglichkeiten und bei Anbruch der Nacht verwandelt sich Pointe-à-Pitre in eine wahre Geisterstadt.
Geschichte
Alles begann mit Pieter, einem holländischen Juden, den die Inquisition 1654 aus Brasilien vertrieben hatte. Fischer von Beruf, hockte er sich auf einen Steg (oder Anlegeponton) der Reede und bot dort Fische feil. So entstand die Gewohnheit, den Ort als »Pointe à Pieter« (Pieters Spitze) zu bezeichnen, was später zu Pointe-à-Pitre verballhornt wurde.
Eine Stadt entwickelte sich hier erst während der englischen Besatzung 1759 (anläßlich des Siebenjährigen Krieges). Die Engländer bauten auch den Hafen. 1763 mußte Frankreich im »Pariser Vertrag« sein Dominium in Kanada abtreten, behielt aber Guadeloupe. Seit dieser Zeit erlebte Pointe-à-Pitre einen starken Aufschwung.
1794, unter der Herrschaft des vom Pariser Wohlfahrtsausschuß nach Guadeloupe entsandten Revolutionskommissars Victor Hugues, verloren zahlreiche adlige Pflanzer als royalistische Vaterlandsverräter gebrandmarkt ihren Kopf unter der Guillotine, die ständig auf dem Hauptplatz parat stand. Zu dieser Zeit war Guadeloupe auch Stützpunkt von Korsaren, die ununterbrochen Jagd auf englische Schiffe machten. Sozusagen ein wirtschaftliches Notprogramm, nachdem die Plantagenwirtschaft zusammengebrochen war. Welcher befreite Sklave hätte dort noch freiwillig weitergeschuftet? So hatte der auch »Robbespierre der Antillen« genannte Kommissar aber nicht gewettet: er verfrachtete die früheren Sklaven alsbald wieder auf die Zuckerrohrfelder, wo sie freiwillig gezwungen für ihren neuen Herrn schwitzen durften.
Um Mißverständnisse dieser Art ein für allemal auszuräumen, führte Napoleon 1802 die Sklaverei ganz offiziell wieder ein. Zwecks Wiederherstellung der Ordnung marschierten fast viertausend Soldaten aus dem Mutterland auf vorneweg »General Richepance« um die Schwarzenmilizen zu entwaffnen. Alle Träume von einer »Negerrepublik« waren gescheitert. Einem der heroischen Anführer der Negertruppen, »Delgrès«, sind aber bis heute Sträßen und Plätze gewidmet.
Zurück zur eigentlichen Stadtgeschichte Pointe-à-Pitres: 1843 zerstörte ein fürchterliches Erdbeben einen Teil der Stadt. Die Bemühungen um ihren Wiederaufbau fielen 1899 einer Feuersbrunst zum Opfer, 1928 einem Wirbelsturm. Architektonisch paßt deshalb in Pointe-à-Pitre nichts mehr zusammen, selbst in den alten Vierteln nicht.
Seit 1976 ist Pointe-à-Pitre die eigentliche Hauptstadt der Insel, obgleich Basse-Terre seinen Titel als Verwaltungssitz offiziell beibehalten hat. Die schon immer relativ große Bedeutung von Pointe-à-Pitre hatte nach 1976 noch zugenommen, als der drohende Vulkanausbruch in Basse-Terre die Verwaltung veranlaßte, nach Pointe-à-Pitre umzuziehen.