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Segelschiff

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Zur Karibik segeln

Ab bretonischer Küste per Dreimaster

Über den großen Teich

Es handelt sich um eine Initiative des in Frankreich wie ein bunter Hund bekannten »Père Jaouen«, einem Jesuitenpater. Er hatte vor Jahren zur therapeutischen Nachbehandlung Drogenabhängiger das »Foyer des Epinettes« gegründet und die ganze Sache später auf zwei Dreimastsegler verlegt. Kundige werden am Namen erkannt haben, dass er Bretone und damit von Haus aus Seefahrer ist. Finanziert wurde das Unternehmen durch Zuschüsse staatlicher Stellen. Wehrpflichtige aus der Handelsmarine, die als Stammannschaft verantwortlich waren, wurden vom Militär gestellt. Mittelkürzungen und Schwierigkeiten mit den Ex-Junkies – es waren außer der Mannschaft nur solche und mit zwanzig bis dreißig zu viele an Bord – führten zur Aufnahme zahlender Passagiere.

Im Frühjahr bzw. Frühsommer segeln die Schiffe von der Bretage, normalerweise Camaret, Richtung Karibik nach Point à Pitre auf Guadeloupe. Sie bleiben dort im Sommer und nehmen Tauchergruppen auf, während die Passagiere ihren Weg in die USA oder andere Ziele fortsetzen. Im Herbst erfolgt die Rückfahrt ab den USA mit normalerweise anderen Passagieren.

Wir haben die Atlantiküberquerung selbst mitgemacht; hier einige Erfahrungen und Eindrücke: die Fahrt ging von Boston nach Halifax in Kanada, von dort nach St. Pierre et Miquelon, zwei französischen Besitzungen bei Neufundland. Zu der Zeit herrschte elender Nebel und Nieselregen und auf den Schiffen wegen des vom Nordpol kommenden Labradorstromes grauslige Kälte. Da der Aufenthalt in den Häfen gerade mal so drei Tage betrug, hatte jeder Neuankömmling es dreimal – nach Boston, Halifax und den Inseln – mit der Seekrankheit zu tun. Die ersten drei Tage auf See nach jedem Hafen lagen wir mit allen Klamotten und Pullovern in den Kojen, leidlich geschützt mit unserem Ölzeugs vor vom Deck tropfendem Wasser (die »Bel Espoir« besteht aus Holz, die Rara »Avis« aus Eisen), krochen nur manchmal zum Essen hervor, haderten mit unserem Verstand und wünschten uns ansonsten einen milden Tod. Schlagartig begannen wir aber zu brutzeln, der Labradorstrom war durchquert, der Nebel verschwunden. Damit begann endlich eine lebenslustigere Phase und ein großer Teil des Bordlebens spielte sich unter der Sonne auf Deck ab; es bestand Gelegenheit zum Baden usw. Weitere Anlaufstellen waren Häfen auf den Azoren und La Coruña in Spanien.

Ein Höhepunkt des Tages war immer das Essen – auf einem Schiff ist wenig zu tun, ein Kreuz ist auch der Mangel an Bewegung – auch wenn sich mal ein Kakerläkchen in die Suppe verirrte. Die treiben sich auf alten Holzpötten zur Genüge herum. Macht nicht´s, sind ja freundlich, und das in der Suppe war ja gekocht und mausetot. Wissen muß jeder außerdem, dass man auf einem solchen Schiff keinesfalls segeln lernt. An Kursen ist leider nichts vorgesehen. Die Jungs von der Marine wollen lieber ihre Ruhe, vor allem, wenn sie fast schon ein Jahr an Bord verbracht haben. Ein-, zweimal am Tag eingerichtet, ist an den Segeln nichts zu richten, und bei flauem Wind brummt – und stinkt – der Motor. Ein jeder, der es wagen will, sorge also für genügend Zeitvertreib, Lektüre, ein Musikinstrument, Spiele, Karten usw. Noch mal deutlich: es handelt sich um keine Luxusreise. Gefragt ist Anpassungsfähigkeit. Insgesamt eine gute Erinnerung. Unvergeßlich bleibt »The Wall« von Pink Floyd während der vierstündigen Wache hinter dem Ruder, nachts bei sternklarem Himmel. Schluß – wir werden poetisch. Den lieben Gott haben wir übrigens nie bei Michel gesehen. Gruß an ihn (Nein, nicht doch ... Michel, natürlich). Anschrift und Telefonnummer:

– Michel Jaouen: 4, rue du Colonel Dominé, F-75013 Paris (nach Paris also schreiben), Tel.: Rara Avis (Minute dorthin ca. 8 Euro) 35 42 22 36. Kosten rund 1000-300 Euro pro Strecke. Sich rechtzeitig anmelden, da sehr gefragt.