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Arbeiter

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Gedanke der Abschaffung

Sklaven werden Arbeiter

Wirtschaftlichkeit

Sklaven lassen sich nur bei gleichförmigen Arbeiten in einem überschaubaren Rahmen, wie den Plantagen des amerikanischen Südens oder denen der europäischen Kolonialmächte optimal einsetzen. Jedem wird einleuchten, dass sich mit einem Wachturm, einigen Hunden und Gewehren eine Vielzahl von Sklaven auf einem Feld in Schach halten läßt, in einer verschachtelten Fabrik dagegen wäre jedem Skaven gleichsam ein Aufseher zur Seite zu stellen. Warum? Die Antwort liegt in der Motivation begründet. Sklaven arbeiten zwangsweise, unter Angst, unter Strafandrohung, versuchen möglichst, sich zu drücken und den Arbeitsprozeß zu verlangsamen oder durch Sabotage zu unterbrechen.

Vom kapitalistischen Standpunkt her war es also sinnvoller, den Sklaven in einen Industriearbeiter zu verwandeln, der durch Stücklohn u.a. Anreiz zu Eigentätigkeit erhielt. Durch Eigen-Motivation ließ sich quasi eine Person »einsparen«. Statt Sklave und> Aufseher benötigte man so nur eine Arbeitskraft. Und hier kommt ein weiterer Gesichtspunkt: Sklaven haben die unangenehme Eigenschaft, als »Betriebskapital« auch bei schlechten konjunkturellen Zeiten durchgefüttert werden zu müssen. Sklavenhalter, die sie nicht ernährten, würden ihre eigene wirtschaftliche Grundlage zerstören. Arbeiter fliegen einfach raus, können sehen, wo sie bleiben, und stellen somit keinen Kostenfaktor mehr dar.

Eine eindrucksvolle Schilderung der Verhältnisse ist mit »The Jungle« von Upton Sinclair überliefert. Da der Manchesterkapitalismus bis ins 20. Jh. hinein schwerste periodische Störungen mit aufeinanderfolgenden wirtschaftlichen Höhenflügen und Depressionen bewirkte, war das für die Industriellen die geeignete Lösung, zumal das hire and fire wegen unbekannter sozialer Fürsorge auch nichts kostete. Ein weiterer wirtschaftlicher Zwang zur Verwandlung von Sklaven in Arbeiter ergab sich aus der Notwendigkeit, größere Märkte zu schaffen, also auch Binnenmärkten. Sklaven konsumieren nicht, bekommen nur das Nötigste gestellt, während Arbeiter an der Zirkulation teilhaben, als Nachfrager am Markt der Gütererzeugung ungeheuren Auftrieb verleihen und auch als konjunktureller Puffer wirken können. Was auf der einen Seite als Lohn anfällt, kommt auf der anderen durch Verkauf von Waren und Dienstleistungen als Gewinn ja eh wieder herein.

Der dynamische Kapitalismus in Form der Industrie, der frei verfügbare – und damit auch frei zu entlassende – Arbeiter benötigte, in den Kolonien eine Quelle für Rohstoffe, einen Markt für seine Fertigprodukte und ein Investitionsgebiet für sein überflüssiges Kapital erblickte, mußte also dem feudalen, mittelalterlichen Sklavensystem ein Ende bereiten.

Ideen haben offensichtlich nur dann Erfolg, wenn sie gesellschaftlich brauchbar sind, mit anderen Worten: den Herrschenden in den Kram passen, fliegen also keineswegs freischwebend durch die Luft, sondern entspringen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Grundlagen. Andersherum ausgedrückt gilt: wäre die Sklaverei heute noch ökonomisch sinnvoll, so dürften wir getrost davon ausgehen, dass sie auch fortbestünde und durch Weihwedel und allerlei »Philosophien« im Überbau ideologisch begleitend verteidigt würde.