Machen wir ein Buch?

Reise, Sachbuch, Belletristik ...?
Alle interessanten Themen;
alles was bewegt.

Hier geht´s weiter!

Insel

Body: 

La Désirade

Östlich von Guadeloupe

Kaum elf Kilometer langes und zwei Kilometer breites Eiland; Kalkgestein und ausgedörrter Boden, karg und unfruchtbar. Entsprechend dürftig nehmen sich Gartenbau und Schafzucht aus. Eine einzige Straße durchquert »die Ersehnte« von Ost nach West an einer felsigen Barriere entlang. Die rund 1.600 Einwohner leben hauptsächlich vom Fischfang. La Désirade ist von allen Dependancen die am wenigsten für den Fremdenverkehr erschlossene, obwohl hier immerhin zwei paradiesische Strände locken. Die wenigen Hotels kommen recht bescheiden daher. Wirbelsturm »Hugo« hat der Insel ordentlich zugesetzt. Doch mit noch mehr Entschlossenheit als anderswo haben die Menschen die Ärmel hochgekrempelt und alles aus eigener Kraft wieder aufgebaut. In der Nähe der Anlegestelle wird ein bescheidener Jachthafen bald fertiggestellt sein.

Geschichte

Christoph Kolumbus (ach nee!) entdeckte die Insel während seiner zweiten Reise in die Neue Welt. Da sie als erste auf dem Seeweg von Europa her auftaucht, sichteten die erschöpften und durstigen Matrosen sie begreiflicherweise auch als erste. Daher hat sie ihren hübschen Namen »La Désirée« (»La Deseada«, die Erwünschte oder Ersehnte). Aber wie das mit ersehnten Dingen häufig so ist, blieb der Kalkfelsen einiges schuldig – im Fall der braven Seeleute das Süßwasser. Ähnliche Erfahrungen hatten zuvor schon die Kariben machen müssen, denen es auch zu karg war. Auch die europäischen Kolonisten konnten sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, hier ihr Dasein fristen zu müssen. Also dauerte es bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts, als »unerwünschte« Leprakranke hierhergeschafft wurden und die Insel als überdimensionale Isolierstation herhalten mußte. Später erhielten die Kranken und Siechen Gesellschaft in Gestalt von Gesetzesübertretern von der Hauptinsel, manchmal sogar »Unwürdigen« aus dem Mutterland Frankreich (meist irgendwelche »schwarzen Schafe« aus adeligen Familien). Ein königlicher Erlaß gestattete die Exilierung von Personen, »deren Betragen die Ehre und Ruhe ihrer Familie beeinträchtigen könnte«. Auf diesem Wege entledigte man sich damals auch lästiger Erben (gegen bares Schmiergeld für die Behörden). Nach der Französischen Revolution mischten sich schließlich freigelassene Negersklaven unter die Bevölkerung.

Die andernorts geradezu mit Händen greifbaren Rassenkonflikte kennt man auf La Désirade praktisch nicht. Bis 1848 gab es jedoch sozial und rassenbedingte Spannungen: zwischen adligen »Békés« bzw. »Grand Blancs«, weißen Fischern (»Petits Blancs«) und Schwarzen, die sich damals auch entluden. Wie hätten sich aber die Inselbewohner, allesamt Fischer und isoliert auf ihrer kleinen Scholle, dauerhaft bekämpfen wollen? Seit mehreren Jahrzehnten sind etwa achtzig Prozent der Eheschließungen auf La Désirade Mischehen. Innerhalb einer einzigen Familie sind normalerweise sämtliche Farbschattierungen zu finden, in der Schule ebenso. Rassistische Ideen stoßen heutzutage daher auf keinerlei Resonanz: eine Unterscheidung der Rassen nach Haut-, Haar- oder Augenfarbe wäre angesichts eines ethnischen »Flickerlteppichs« unmöglich. Was La Désirade außerdem auszeichnet: jeder kennt jeden auf der Insel, so dass nicht einmal Einladungen verschickt werden müssen, wenn irgendwo geheiratet wird. Man geht mit seinem Geschenk hin und basta.

Das ist wohl der Grund, weshalb wir La Désirade ins Herz geschlossen haben, obwohl es sich so dürftig neben seinen schöneren Schwestern ausnimmt. Die Stimmung ist gelassen, die Leute geben sich gastfreundlich, Beton sieht man selten, Touristen nicht allzuoft. Also nichts wie hin!

Verkehrsverbindungen

Per Schiff

Auf dem Schiff wird man tüchtig hin und her geschüttelt. Zwei Gesellschaften teilen sich das Geschäft. Achtung: die Abfahrtszeiten werden nicht immer eingehalten. Preis für eine Überfahrt: ca. 15 Euro.
Vom Hafen Saint-François: Abfahrt um 8.30, 15.30 und 16.30 Uhr (samstags und sonntags 17 Uhr). Rückfahrten um 6.00 und 15.30 Uhr (samstags und sonntags 16 Uhr).

Per Flugzeug

Mit Air Guadeloupe, Tel. 82 28 35 und 20 05 12 (an Ort und Stelle).

Nützliche Adressen

Fahrrad- und Motorrollervermietung: an der Anlegestelle. »Location 2000«, Tel. 20 03 74, und »Loca Sun«, Tel. 20 01 11. Ein Fahrrad kostet etwa 15 Euro am Tag, ein Motorroller mit 50, 80 oder 120 ccm rund 25 Euro.

Bisher noch kein Bankautomat
Postamt: neben der Polizeiwache und der Kirche.
Apotheke Calvados (der Gute): in der Straße am Meer.

Kost & Logis

La Désirade ist nicht gerade berühmt für Hotellerie und Gastronomie. Touristen betreten also fast Neuland.

In Grande-Anse

Hôtel Le Mirage: im Quartier Désert Salines. Tel. 20 01 08, Fax: 20 07 45. Hinter dem »Hotel Oasis«. Reinliche Zimmer, bequem, aber eher lieblos eingerichtet; mit Waschgelegenheit und Ventilator. 220 Francs für zwei Personen mit Frühstück. Wer mehrere Tage hier logiert, erhält Rabatt.

Hôtel de l´Oasis: im Stadtteil Désert Salines, Tel. 20 02 12. An der Anlegestelle nach rechts in Richtung Souffleur marschieren, dann links zum Stadion. Sich seelisch auf ein x-beliebiges, nicht gerade blitzblankes Hotel einstellen. Zimmer für 40 Euro aufwärts (mit Bad und Klimaanlage); die besseren liegen treppauf. Restaurant im Hause.

La Payotte: von der Anlegestelle aus nach rechts; zweihundert Meter weiter, direkt am Strand, Tel.: 20 01 29. Schmucke Holzhütte mit Terrasse, auf der zahlreiche typisch antillanische Tellergerichte aufgetragen werden. Nicht für den großen Auftritt, aber solide und preiswert. Abends vorsichtshalber reservieren.

In Baie-Mahault

Einige Hausbesitzer vermieten ihre Villa. Man erkundige sich im Dorf oder im Restaurant Chez Marraine. Eine Woche kommt meist auf 400 bis 500 Euro.
Chez Marraine: auf der linken Seite der einzigen Straße nach Osten. Tel. 20 00 93. Das einzige Restaurant, das wir guten Gewissens empfehlen können. Die Terrasse ist schattig-kühl, und die Wirtin ein Schatz. Mehrere Menüs zwischen 15 und 25 Euro stehen zur Auswahl. Antillanische Spezialitäten wie Seeigel-Frikassee (»oursins en fricassée«), Lambismuscheln in Weißwein, Couscous mit Fisch und Fischgratin, alles in ausgezeichneter Qualität, werden zu einem annehmbaren Preis serviert. Freundliche Aufwartung ist hier selbstverständlich.