Zerstreuung statt Politik

Kein Wunsch nach mehr Demokratie

Zeitungslektüre in der einstigen Sowjetunion

Zu Zeiten der Sowjetunion verbreitete sich das Bild eifrig Zeitung lesender Russen, was noch immer auf viele zutrifft. Dennoch verzeichnen überregionale, große Blätter in den letzten Jahren stetig sinkende Verkaufzahlen.

Gerade einmal fünfzehn Prozent russischer Zeitungsleser zeigt Interesse an überregionalen Berichten. Wer sich mit Politik beschäftigt, gilt als Mann in den Fünfzigern, mit hoher Bildung, kritischer Einstellung, wenig Geld und ebenso wenig Computerkenntnissen.

Junggemüse liest Nachrichten online. Dabei zählen weniger Homepages großer Zeitungen als vielmehr Blogs, in denen z.B. einst berühmte Journalisten ihre politische Meinung kundtun.

Die meisten im Alter unter dreißig scheren sich wenig um Politik, denn mit dem Mangel an Demokratie haben sie sich längst arrangiert. In den Städten scheffeln sie Geld, weshalb bei ihnen v.a. Konsum auf dem Programm steht. Statt von Politik berichten Zeitschriften also von Zerstreuung, je nach Wunsch des Lesers: Wellness, Computer, Mode, Sport …

Kauften Russen in den Neunzigern noch Nachahmungen westlicher Zeitungen, so beherrschen nun in Russland konzipierte den Markt.