Staudämme
Zu viele Stauseen - Gefährdung der Natur
Störung im Wasserkreislauf und Verlandung der Deltas
Umsiedlung der Türken, Überschwemmung einiger Ausgrabungsstätten
Man kann´s mit Gutgemeintem auch übertreiben. Hinsichtlich Staudämmen zeigt sich das nicht nur in Ägypten oder China, sondern auch am Beispiel Türkei, die ihr Land mit ihnen überzieht. Momentan stehen in der Türkei ungefähr 260 Staudämme. Diese Zahl möchte der Umweltminister bald um achthundert (!) anheben, da sie die beste Möglichkeit zur Erzeugung CO2-freier Elektrizität seien. Merkwürdig, dass dieser Umweltminister, einst Chef der staatlichen Wasserwerke DSI, zugleich größter Lobbyist für Staudämme ist
Schon in den Fünfzigern des letzten Jahrhunderts plante die Regierung ein Entwicklungsprojekt zwischen den Strömen Tigris und Euphrat. 22 Staudämme sollten am Oberlauf der großen Flüssen sowie ihrer Nebenflüsse Strom erzeugen und vertrocknetes Land bewässern. Was in der Theorie schön klingt, lässt sich allerdings nur mit großen Verlusten verwirklichen.
Man nehme nur den Birecik-Staudamm am Euphrat als Beispiel, in der Nähe der Grenze zu Syrien. Durch ihn wurde eine beeindruckende Schlucht zum großen Teil überflutet, den der Fluss in Jahrmillionen gegraben hat. Mit ihm versanken auch türkische Siedlungen und gar die einstige römische Metropole Zeugma in den Fluten. An eine Fortsetzung der Ausgrabungen lässt sich nun wohl nicht mehr denken.
Diesem Damm verdanken über dreißigtausend Einwohner ihre Umsiedlung. Freilich, sie bekamen eine Entschädigung und neue Wohnungen, doch im Vergleich zum Aufgegebenen fiel beides mager aus. Manche Bewohner wurden in eine künstliche Betonstadt umgesiedelt, von wo die meisten natürlich rasch wieder wegzogen. Sie endeten in den Slums türkischer Metropolen.
Das Schicksal der gefluteten römischen Stadt Zeugma winkt auch Hasankeyf. Der Ort am Tigris weist Spuren aller anatolischen Kulturen auf, darunter auch die einer zehntausend Jahre alten Siedlung. Grund genug für die Bewohner, sich den Regierungsplänen tüchtig zu widersetzen. Zumal ihnen auch die angebotene Entschädigung nicht passt: Zehntausend Euro bekämen sie für ihre alten Häuser - für die neuen hätten sie aber noch 25 000 Euro Schulden beim Staat.
Der geplante Ilisu-Staudamm (Höhe: 350 Meter) wird sich zwei Kilometer lang von Berg zu Berg erstrecken und den Tigris an die vierhundert Kilometer weit stauen.
Doch die Staudämme gefährden nicht nur die Existenz zehntausender Türken und einiger geschichtlich wertvoller Stellen. Sie stellen auch ein großes Problem für die Natur dar, indem sie den natürlichen Wasserkreislauf stören. Ihre Blockade führt zur Verlandung großer Mündungsgebiete der Flüsse. Zudem lässt durch sie der Regen in manchen Bergen, deren Wasser eben die Staudammflüsse speist, stark nach. Durch den Wassermangel erwartet einige Stauseen das Austrocknen.