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Merkwürdigkeiten Oxfords

All Souls College und seine Gemälde

Letzte Nachricht aus Oxford

Freilich sticht diese Kleidung gegen die großen Stiefeln, Kokarden an den Hüten, Kollets und Hetzpeitschen mancher Studenten auf unsern Universitäten ganz erstaunlich ab, so wie überhaupt die Stille und das sittsame Betragen, welches denn doch hier unter den Studenten herrscht.

Am andern Morgen zeigte mir Herr Modd versprochnermaßen einige von den Merkwürdigkeiten in Oxford. Er ging erst mit mir auf seine Stube in sein Kollegium, welche unten an der Erde ziemlich niedrig und dunkel war, und mit einer Zelle viel Ähnlichkeit hatte. Das Kollegium, worin Herr Modd wohnte, hieß Christ Corps College.

Alsdann führte er mich nach All Souls College, ein elegantes Gebäude, worin auch die Kirche vorzüglich schön ist. Herr Modd zeigte mir hier über dem Altar ein Gemälde von Mengs, bei dessen Anblick er mehr Empfindung verriet, als ich ihm zugetrauet hätte. Er sagte, so oft er dies Gemälde sähe, würde er aufs neue dadurch gerührt.

Dies Gemälde stellte die Maria Magdalena vor, wie sie plötzlich Jesum vor sich stehen sieht, und vor ihm niederfällt. Und in ihrem Gesicht sind Schmerz, Freude, Wehmut, kurz ganz verschiedne Leidenschaften, so meisterhaft ausgedrückt, daß man gar nicht müde wird, dies Gemälde zu betrachten, und immer mehr dadurch gerührt wird, je länger man es ansieht.

Er zeigte mir nun auch die Bibliothek in diesem Kollegio, welche oben mit einer Galerie versehen ist, und überhaupt eine schöne äußere Einrichtung hat. Unter andern sahe ich hier eine Beschreibung von Oxford mit Kupfern, in Folio, wo sich denn die Türme und Kollegiengebäude freilich weit schöner auf dem Papier, als in der Natur ausnahmen.

Hierauf führte mich Herr Modd weiter unten auf die Butlejanische Bibliothek, welche mit der Vatikanischen in Rom verglichen wird; und auf das Gebäude, welches the Theater heißt, und wo die öffentlichen Disputationen gehalten werden. Dies ist ein rundes Gebäude, worin ein Chor umhergeht, das mit Bänken, eine über der andern, versehen ist, worauf die Doktoren, Magister und Studenten sitzen; und gerade gegeneinander über sind zwei Kanzeln erbauet, von welchen die Disputierenden zu einander hinüber sprechen.

Christchurch College und Queens College sind wohl die modernsten und schönsten unter den öffentlichen Gebäuden. Beliols College scheint sich vorzüglich wegen seines Altertums und seiner ganz gotischen Bauart auszuzeichnen.

Herr Modd erzählte mir, daß man sich in Oxford mit Predigen viel verdienen könne, denn die Studenten müßten alle nach der Reihe, in der Universitätskirche des Sonntags einmal predigen; die meisten aber an die es käme, suchten es abzukaufen, und bezahlten für eine Predigt wohl fünf bis sechs Guineen.

Auch erzählte mir Herr Modd, daß er nun achtzehn Jahr auf dieser Universität sei, und umsonst Doktor werden könne, so bald er wolle. Er war Master of Arts, und hielt, wie er sagte, Vorlesungen über klassische Autoren. Auch war er wirklich ordinierter Prediger, um in einigen Dörfern um Oxford den Gottesdienst zu versehen.

Unterweges begegnete uns der Englische Dichter Warton, ein schon etwas ältlicher Mann, der demohngeachtet noch Fellow oder Mitglied eines Kollegii ist, und wie Herr Modd erzählte, außer der Poesie, sein größtes Vergnügen darin finden soll, wilde Enten zu schießen.

Herr Modd schien übrigens auch ein guter menschenfreundlicher Mann zu sein. In Dorchester, erzählte er mir, sei der Clerk oder Küster gestorben, und habe eine zahlreiche Familie in größter Dürftigkeit hinterlassen, nun wolle er Morgen hinreiten, und zu bewerkstelligen suchen, daß der älteste Sohn des Verstorbenen, ein junger Mensch von sechzehn Jahren, den Clerkdienst wieder erhalte, um seine arme Familie ernähren zu können.

In der Miter, dem Gasthofe, wo ich logierte, sprachen die Geistlichen und Studenten alle Augenblick einmal ein, um einen Krug Ale zu trinken, oder eine kurze Konversation mit der Tochter im Hause zu führen, die ein artiges Frauenzimmer war.

Man machte mir erstaunlich viel Rühmens, von einem Deutschen, Namens Mitschel, wenigstens sprachen sie seinen Namen so aus, der sich schon seit vielen Jahren als Musikus hier berühmt gemacht habe. Ich freute mich, von Engländern einen Landsmann so rühmen zu hören, wollte ihn auch besuchen, aber traf ihn nicht zu Hause.