Roraima
Aufstieg zu den Tafelbergen
Beliebte Wanderungen bequem zu Fuß erreichbar
Vergleichsweise bequem zu Fuß und ohne alpinistische Erfahrung lassen sich zur Zeit erst zwei Tafelberge besteigen: der Roraima und der Auyán-tepuy. Nur mit Seilzeug oder per Hubschrauber ist dagegen der Kukenán-tepui erreichbar (bei Drucklegung verboten). Eine Sondergenehmigung der Naturparkbehörde erhalten in der Regel nur Wissenschaftler. Auf allen Exkursionen muß man sich von einem indianischen Führer begleiten lassen. Wer diese Touren mit Expeditionscharakter nicht scheut, sollte sich vorher bei INPARQUES (Avenida Romulo Gallegos, Caracas) erkundigen, ob die Tafelberge freigegeben sind bzw. ob Genehmigungen erteilt werden. Vor Reiseveranstaltern, die Touren ohne Genehmigung anbieten, unbedingt Abstand nehmen!
Aufstieg zum Roraima
Der Roraima ist der beliebteste Tafelberg, weil er keine besonderen Schwierigkeiten bietet. In Santa Elena de Uairén kann man bei genügend Tourveranstaltern für 50-65 US-$ pro Tag den Aufstieg buchen. Günstiger ist es, sich für die zweistündige Fahrt zum Indianerdorf Paraitepuy, dem Anfangspunkt für den Aufstieg, ein Jeeptaxi zu nehmen. Der Taxifahrer verlangt 100 US-$ für Hin- und Rückfahrt. Der Rückkehrtag vom Roraima muß allerdings genau vorausgeplant werden. Auf Preisverhandlungen dürfte sich der Fahrer kaum einlassen, eher schon auf einen Abstecher zur Quebrada de Jaspe. Günstiger ist es, die 72 km bis San Francisco de Yuruaní mit dem Bus von Santa Elena de Uairén zurückzulegen. Wer nachts von Ciudad Guayana die 262 km bis San Francisco fährt, kommt bei Sonnenaufgang dort an und wird die Tafelberge in der Morgenröte leuchten sehen. Von San Francisco de Yuruaní fährt mittwochs und sonntags ein Por Puesto zum Indianerdorf Paraitepuy. Unüblicherweise muß man den Preis der einstündigen Fahrt aushandeln: die einfache Strecke (40 km) sollte unter 10 US-$ kosten. Achtung: weder feste Abfahrtzeit, noch besondere Haltestelle! Am Ende des Fußballfeldes, im letzten Haus, wohnt der Fahrer Elojio. In diesem Dorf wohnen aber noch zwei weitere Jeep-Besitzer. Sind sie nicht gerade auf Achse, lassen sie mit sich handeln. Der Preis für die einfache Strecke beträgt zwischen 30 und 40 US-$.
Wer die Rückfahrt nicht gleich mitorganisiert hat, braucht nicht in Panik zu verfallen, denn es findet sich fast immer ein Jeep, der einen mitnimmt. Das kostet dann genausoviel. Wer Pech hat, muß einen Tag warten, bis sich eine Mitfahrgelegenheit ergibt. Die billigste Fortbewegungsart ist der siebenstündige Fußmarsch, strammes Gehen vorausgesetzt.
Das 290 Seelen zählende Indianerdorf Paraitepuy liegt in einer hügeligen Landschaft. Den Dorfeingang markiert ein Schlagbaum, an dem die Indianer den Durchgangsverkehr kontrollieren. Auf einer Anhöhe thront die Hütte des Häuptlings. Gegenüber von der einzigen Besucherunterkunft, einer offenen Hütte, die Schule mit venezolanischer Staatsflagge. Da das Dorf keinen Telefonanschluß hat und wir deshalb unangekündigt erscheinen müssen, beginnt die Tour erst am darauffolgenden Tag. In der Besucherunterkunft ein Gästebuch mit zahlreichen Eintragungen von Roraima-Bezwingern. Ein Indianerführer verlangt für eine Kleingruppe 25 US-$ pro Tag, ein Träger die Hälfte.
Die Expedition...
... dauert fünf bis sieben Tage, je nach Gewicht des Gepäcks und Kondition. Gegen 7.30h morgens geht´s los. Es lohnt sich, zwei Stunden früher aufzustehen, um ganz einfach nur dazusitzen und die Tafelberge in der Morgendämmerung zu betrachten. Gegen 6.00h ziehen schon die ersten Wolken auf, so dass wir noch in Ruhe frühstücken können, bis wir zu unserem Abenteuer aufbrechen.
Am ersten Tag marschiert man hügelauf- und abwärts. In der Savanne spendet weit und breit keine größere Pflanze Schatten. Schweißperlen spülen die Sonnenmilch hinunter, weshalb langärmelige Hemden von Vorteil sind. Gegen Mittag erreicht man einen Fluß, an dem man sein Zelt aufstellt. Mittags wegen der Hitze Siesta halten, und nachmittags in Zeltnähe bleiben, da mit ausgiebigen Regenschauern zu rechnen ist. Die Temperatur beträgt um die 28ºC und kühlt nachts auf etwa 17 C ab. Mit ein bißchen Glück kriecht einem am Flußufer eine Schlange über den Weg.
Am zweiten Tag geht es ausschließlich bergauf, so dass sich die kurzen Pausen häufen. Unterwegs Eidechsen und Grashüpfer. Ameisenbären bekommt man allerdings nur selten zu Gesicht. Das gilt auch für die in Schwärmen lebenden Papageien. Nach einer vierstündigen Wanderung abermals ein Fluß: der letzte Zeltplatz vor dem Aufstieg. Der steile Weg ist schon gut zu erkennen. Die Felswand des Roraima verbirgt sich häufig hinter Nebelschwaden und bietet alle Nase lang einen anderen Anblick. Zuweilen reißt die Nebeldecke auf, und eine rosarote Wand kommt zum Vorschein. Hier setzt der Regen bereits am späten Nachmittag ein. Die Vegetation am bewaldeten Fuß des Tafelberges ist schon wesentlich abwechslungsreicher, und die Temperatur geht nachts auf 12 C zurück.
Am dritten Tag beginnt der steile Aufstieg durch den angenehm schattigen Regenwald. Ein kleiner Wasserfall sorgt für Abkühlung. Nach fünf Stunden hat man dann das zerklüftete Plateau 2.810 m über dem Meersspiegel erreicht. Es mißt 45 km2. Das Zelt unter einem wind- und regengeschützten Felsvorsprung errichten. Wer klares, trockenes Wetter vorfindet, sollte die Gelegenheit zu einer Exkursion nutzen, denn man weiß nie, wann der Regen wieder einsetzt. Auf dem Plateau kann es übrigens tagelang regnen ...
Den vierten Tag sollte man sich einem Tagesausflug auf dem Plateau vorbehalten, da es eine ganze Menge zu entdecken gilt: kleine, in Felsspalten wachsende Orchideen, Vegetationsinseln in der felsigen Umgebung und nur zwei Zentimeter große Frösche, die wegen ihrer schwarzen Farbe vom Felsen kaum zu unterscheiden sind. Der Indianerführer erläutert, welche Tiere und Gegenstände in den bizarren, von Wind und Regen modellierten Sandsteinskulpturen, zu erkennen sind. Bei einer Außentemperatur von 17 C kann man in natürlichen Becken oder unter kleinen Wasserfällen ein Bad nehmen. In der Trockenzeit können die Temperaturen nachts auf 4 C absinken. Der Indianerführer wird uns auch zum Teufelskanal (Caño del Diablo) und zum Dreiländereck (Punto Triple) führen, wo man auf die Länder Guayana, Brasilien sowie Venezuela herabschaut. Der Grenzstein ist von hier aber noch einen halben Tag entfernt. Einzigartig ist das »Valle de los Cristales« mit seinen Bergkristallen.
Am fünften Tag: Abschied vom Plateau und Rückwanderung auf demselben Weg. Hin- und Rückweg lassen sich bei guter Kondition, d.h. etwa sechseinhalb Marschstunden pro Tag, um einen Tag verkürzen, wenn man bereits um 7.00h losmarschiert und auch eine Stunde Fußweg in der größten Mittagshitze in Kauf nimmt. Während es in der Regenzeit auf dem Plateau oft tagelang regnet, setzen in der Trockenzeit nachmittags oft Wind und Nebel ein.