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Ausländerfeindlichkeit

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Beidseitige Mißachtung

Minderwertigkeitskomplexe der Einheimischen

Ausländer aus Europa brachten eine andere Kultur und neues Wissen mit. Dies führte bei den Einheimischen teilweise zu Minderwertigkeitskomplexen und zu einem Aufschauen zu den Ausländern. Oft heißt es heute noch: da kommt der »musiú«, was so viel bedeutet wie »wissender Ausländer« und respektvoll gemeint ist.

Präsident Carlos Andrés Peréz wollte das ändern. Er vergab während seiner Amtszeit (1974 - 1979) zehntausend Stipendien für ein Auslandsstudium. Da viele Länder venezolanische Universitäts- und Hochschulabschlüsse nicht anerkennen, akzeptiert der venezolanische Staat deren Diplome ebenfalls nicht. Nun wurden die eigenen Landsleute, die eines der Stipendien erlangt und im Ausland studiert hatten, diskriminiert, da die Behörde ihren ausländischen Abschluß nicht anerkannte. Das bürokratische Anerkennungsverfahren erweist sich als zeitraubend und teuer zugleich, denn die Absolventen mußten die Prüfung in Venezuela wiederholen und mit Übersetzungsproblemen fachlicher sowie sprachlicher Natur zurechtkommen. Damit hinderten die Berufsverbände sie an der Berufsausübung, z.B. als Arzt oder Architekt, bzw. sie konnten ihrem Berufsverband nicht beitreten, der den beruflichen Ein- und Aufstieg erst ermöglichte oder beträchtlich erleichterte.

Nun ist aber auch die umgekehrte Diskriminierung zu bedenken. Wie mir schon in Miami (USA) auffiel, wo Mieteangebote in Zeitungen Schwarze ausschließen, so fielen mir auch viele Anzeigen in der venezolanischen Presse auf. In Venezuela richtet sich die Diskriminierung allerdings nicht speziell gegen Schwarze, denn in den Anzeigen wird oft unmißverständlich klargemacht, dass nur an Europäer vermietet wird. Von Europäern verspricht sich der Eigentümer pünktliche Mietzinszahlungen und eine pflegliche Behandlung seiner Immobilie.

Die Rassendiskriminierung gegenüber Schwarzen geschieht eher subtil und stammt wohl noch aus der Kolonialzeit, als diese noch Sklaven waren. In der venezolanischen Gesellschaft gilt: je dunkler die Hautfarbe, desto niedriger die soziale Schicht. Im Vertrauen gibt ein Mädel schon mal zu, dass sie sich einen Partner mit hellerer Hautfarbe wünscht, damit die Kinder später ein höheres gesellschaftliches Ansehen erlangen. Allerdings ist die Rassendiskriminierung bei weitem nicht so ausgeprägt wie im benachbarten Brasilien.

Viele Europäer wünschen, unter sich zu bleiben, um ihre Traditionen zu pflegen, und organisieren sich daher in Clubs, die als Namensaktiengesellschaften geführt werden. In Caracas gibt es mehrere spanische und italienische Clubs sowie einen deutschen, in dem Mittel- und Oberschicht vertreten sind. Der Aufnahme geht ein Abstammungsnachweis der Eltern voraus. Doch der Trend geht weg von den traditionellen Clubs. Neue gesellschaftliche Formen etablierten sich, in denen sich die Reichen von den anderen Schichten abzugrenzen versuchen. In einigen Clubs müssen Bewerber vor einer Aufnahme 1 Million US-$ vorweisen. Tradition, Rasse oder Herkunft des Geldes spielen dabei keine Rolle.