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Carlos Andres Perez

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Marktorientierte Wirtschaftsreform und Ausschreitungen

Entwertung von Existenzen

Präsidentschaft von Carlos Andrés Pérez

1989 begann die marktorientierte Wirtschaftsreform unter Carlos Andrés Pérez. Er hob die Preiskontrollen auf und schaffte den Präferenzdollar ab. Ausländer konnten wieder Mehrheitsbeteiligungen erwerben und ihre Gewinne uneingeschränkt ins Ausland transferieren. An eine teilweise Reinvestition waren sie nicht mehr gebunden. Diese Politik führte zur Beseitigung des makroökonomischen Ungleichgewichts sowie zur Strukturverbesserung. Die Geldentwertung betrug im genannten Jahr 81%, wobei einige Preise bis zu 500% stiegen. Der reale Kaufkraftverlust breiter Bevölkerungsschichten war enorm. Die Mittelschicht befand sich im sozialen Abstieg und wurde an den Rand der Gesellschaft gedrückt. Viele Venezolaner europäischer Abstammung besorgten sich einen Reisepaß des Heimatlandes ihrer Eltern. Allerdings wanderten nur wenige aus. Interessant ist, dass die Politiker vor dem Reformkurs verkündeten, dass dieser schmerzlich sei und dass viele das Land verlassen würden, aber dass sie, die Politiker, auf jeden Fall bleiben würden.

Im Februar 1989 kam es im Zusammenhang mit einer kräftigen Fahrpreiserhöhung der öffentlichen Verkehrsmittel, deren eine Benzinpreiserhöhung vorausging, zu Ausschreitungen. Auf Benzinpreiserhöhungen reagiert das Volk so empfindlich, weil alle Güter auf Lastwagen transportiert werden und sie die Ware somit verteuern. Die Benzinpreisanhebung war an eine Kreditvergabe geknüpft und stellte eine Bedingung des Internationalen Währungsfonds dar. Die Unruhen begannen in Caracas. Menschen aus den Elendsquartieren begannen, die Geschäfte zu plündern. Zuerst nahmen sie nur Lebensmittel mit, aber sobald das Volk merkte, dass die Polizei die Situation nicht mehr kontrollieren konnte, waren Kühlschränke, Videorecorder, halbe Rinder und alles, was sonst nicht niet- und nagelfest war, darunter. Teile der Mittelschicht schlossen sich den Aktionen an. In Caracas mußte die Regierung den Ausnahmezustand verhängen. Durch Nachrichtensendungen im Fernsehen wurden auch die anderen Menschen im Land animiert, sich kostenlos zu versorgen, so dass der Präsident den Ausnahmezustand auf das ganze Land ausdehnte und eine Nachrichtensperre verhängte. Nach 18.00 h fand sich nur noch das Militär auf der Straße. Nach inoffiziellen Angaben fanden ungefähr 3.000 Menschen den Tod. Zahlreiche Geschäftsexistenzen, die ihr ganzes Kapital und ihre Lebensarbeit investiert hatten, fielen dem Mob zum Opfer. Einige nutzten die Gunst der Stunde, um alte Rechnungen zu begleichen.

Drei Jahre später kam es zu zwei Putschversuchen, die ein Teil des Militärs vereitelte. Der erste verlief weitgehend unblutig, der zweite allerdings nicht. Ein Flugblatt rief die Bevölkerung zur »cazerola« auf, das heißt, am nächsten Tag abends von 20.00-21.00h auf Töpfe zu schlagen (Lärm zu erzeugen) und das Licht ein- und auszuschalten sowie den Rücktritt des Präsidenten zu fordern. Viele Stimmen in der Bevölkerung forderten eine Militärdiktatur. Auf meine Frage hin, ob sie die anderen Diktaturen bereits vergessen hätten, bekam ich zur Antwort, dass die Militärs dazugelernt hätten, die Wirtschaft lenken könnten und das Volk nicht unterdrücken würden. Der Wunsch nach Beseitigung der Korruption war groß. Der zweite gescheiterte Putsch verlief hingegen blutig und stieß auf Ablehnung beim Volk. 1993 leitete die Staatsanwaltschaft gegen den Präsidenten Carlos Andrés Pérez ein Verfahren wegen veruntreuter Staatsgelder ein. Daraufhin enthob man den Präsidenten seines Amtes. Gemeinsam mit zwei Ministern soll er rund zwanzig Millionen Euro veruntreut haben. Das gleiche Schicksal hatte bereits vorher den brasilianischen Präsidenten Carlos de Melo ereilt.