Umgangsformen
Höflichkeit und Umgangsformen
Die Engländer kennenlernen
Wie man spricht
Angeblich ist Englisch die Sprache mit den meisten Worten, die einzig dazu dienen, in einem Gespräch Aufmerksamkeit zu signalisieren. Definitiv gibt der Engländer im Schnitt wesentlich mehr Resonanz als der Deutsche. Einwürfe wie "all right", "seriously?", "oh, do you?" hört man manchmal nach fast jedem Satz. Das mag auf Anhieb ein wenig lächerlich erscheinen, doch es ist lediglich eine Art, seinem Gegenüber zu zeigen, dass man zuhört. Umgekehrt kann das Unterlassen solcher Floskeln bei Einheimischen einen etwas unhöflichen Eindruck erwecken.
Ich telefonierte beispielsweise einmal mit einem Freund, der mir von seiner letzten Schottlandreise erzählte. Irgendwann brach er ab und fragte unsicher ins Telefon: "Are you still there?" Ich hatte schweigend zugehört. Dass er keine Resonanz bekam, brachte ihn völlig aus dem Konzept.
Eine weitere Eigenheit, speziell des britischen Englisch, ist die Vorliebe für sogenannte question tags, die Aussagen abschwächen und den Gesprächspartner zur Zustimmung einladen. Hier ein Beispiel aus einem Gespräch zweier meiner Kollegen:
- "Oh, its cold out there, isnt it?"
- "Yes, it is, isnt it?"
Freunde finden
Bei all dieser Höflichkeit finden Ausländer es trotzdem oft verdammt schwierig, Engländer näher kennenzulernen. In vielen Fällen bleibt es bei einem "How are ya?" und ein paar netten Worten. Als ich gerade auf der Insel angekommen war, fragte mich jemand, wie es mir gehe. Ich war sehr verwirrt, als ich antwortete: "Gut, danke, und selbst?" und mein Gesprächspartner schon längst um die nächste Ecke gebogen war.
Höchst amüsant ist es immer, wenn der Brite dann mitbekommt, dass man Deutscher ist. Unweigerlich fällt das Thema Zweiter Weltkrieg. Die einen reißen ein paar lockere Witze darüber, was zunächst ein wenig schockieren mag. So wurde eine Freundin von mir am ersten Arbeitstag von einem Kollegen gefragt, wo sie denn ihren Panzer geparkt habe. Doch an derlei Sprüche gewöhnt man sich schnell.
Viel anstrengender sind diejenigen Engländer, die sofort betonen, diese ganze Geschichte sei ja längst vergessen nur um einem dann eine halbe Stunde über Hitler und den Krieg zu erzählen. Wie schwer sich viele Briten tun, mit dem Thema umzugehen, hat John Cleese in einer Folge von Fawlty Towers ("The Germans") sehr schön auf die Schippe genommen.
Neben dem Krieg ist die nach wie vor einfachste Möglichkeit, tiefer ins Gespräch zu kommen, das gute alte Pint Bier in einem Pub - und sofern es nicht bei einem bleibt, hat man auch ganz schnell ein paar neue Freunde. Das muss allerdings nicht heißen, dass diese Freunde einen am nächsten Tag auch auf der Straße erkennen.
Überhaupt spielt sich ein großer Teil des Soziallebens auf der Insel in den Pubs ab. Die eigenen vier Wände sind ein sehr privater Bereich, zu dem nicht jeder ohne Weiteres Zugang hat. Ich selbst kann die Wohnungen, die ich in acht Monaten England von innen gesehen habe, an zwei Händen abzählen. Wenn man von einem Engländer also beispielsweise zum Abendessen im eigenen Haus eingeladen wird, kann das ein großes Zeichen von Sympathie sein.