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Trinkkultur

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Pubs und Bier

Trinkkultur in England

Oft erzählten mir Engländer mit Europa-Erfahrung, dass die deutsche Kultur der englischen viel näher sei als zum Beispiel die französische. Das habe vor allem mit der beer drinking tradition zu tun, die es in beiden Ländern gebe. Keine Frage, der Brite liebt sein Pint ebenso wie der Bayer seine Maß. Dennoch tun sich bei genauerem Hinsehen deutliche Unterschiede auf.

Gesellschaftliches Trinken

In Deutschland ist es üblich, zum Abendessen mit der Familie ein, zwei Bierchen zu trinken. Einmal in der Woche geht man vielleicht zum Stammtisch, im Sommer abends mal in den Biergarten, aber im Grunde trifft man sich sonst eher selten außer Hauses zum Trinken. Anders in England. Dort wird privat selten eine Flasche aufgemacht; dafür gehen viele Leute jeden Abend in den Pub ums Eck. Biertrinken ist in viel größerem Maße eine gesellschaftliche Einrichtung als in Deutschland.

Dementsprechend trifft man in englischen Bars auch Mitglieder aller sozialen Schichten und Altersgruppen. Jeder hat sein "local", seine Stammkneipe. Dort kennt man die Bedienung und die anderen Stammgäste, oft gleichzeitig auch die Nachbarn. Da sitzen dann der Rock-Bassist, die Altenpflegerin und der indisch-stämmige Programmierer zusammen am Tisch, stoßen an und teilen sich eine Tüte Crisps (das, was wir "Chips" nennen).

Für diese "regulars" finden in den meisten Pubs auch in regelmäßigen Abständen verschiedene Aktionen statt, wie beispielsweise eine Cheese Night, bei der jeder ein Stück Käse mitbringt und am Ende das beste oder ausgefallenste davon gekürt wird. Eine wahre Institution ist das wöchentliche "Pub Quiz", das es so gut wie überall gibt. In der Regel sind Teams von drei bis fünf Leuten erlaubt. Jedes Team bekommt ein Blatt Papier, auf dem die Antworten zu den "Trivia"-Fragen notiert werden. Wer am Ende am meisten Punkte hat, gewinnt ein Freigetränk pro Mitspieler.

Englische Biersorten

Was das Bier selbst betrifft, so gibt es auch hier fast mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten. Als Deutscher verbindet man mit England oft Guinness – was aber natürlich eigentlich aus Irland kommt und mit den englischen Bieren gar nicht so viel gemein hat. Die typischen englischen Biere sind das Real Ale und das Bitter. Auch Lager wie Carlsberg, Carling oder Stella Artois bekommt man allerdings in jeder Kneipe.

Das Ale ist ein Bier, das in der Regel nicht gekühlt, sondern auf Zimmertemperatur, getrunken wird. Es hat einen starken und oft recht fruchtigen Beigeschmack.

Der Name "Bitter" spricht für sich selbst. Es ist ein halbdunkles Bier mit, naja eben sehr bitterem Geschmack, am ehesten zu vergleichen mit einem Pils. Eines davon ist ganz erfrischend, doch mehr als zwei zu trinken wird für die Geschmacksnerven schon anstrengend.

Englische Biere sind übrigens im Schnitt wesentlich schwächer als deutsche. Sie bewegen sich überwiegend zwischen drei und vier Prozent. Das belgische Stella mit 5.2%. wird schon als so stark empfunden, dass es den Beinamen "wife beater" hat.

Zeit für ein Bier

Leider ist an diesem Spitznamen mehr als nur ein Körnchen Wahrheit dran. Pöbeleien und Schlägereien unter Alkoholeinfluss sind in England weit verbreitet. Bis vor Kurzem war eines der größten Probleme die Sperrstundenregelung für Pubs. Ab elf Uhr abends durfte kein Alkohol mehr ausgeschenkt werden, mit der Folge, dass mit einem Schlag alle Betrunkenen auf einmal auf die Straßen geschwemmt wurden. Da ist Ärger natürlich vorprogrammiert.

Diese Vorschrift wurde mittlerweile geändert. Nun kann jede Bar Lizenzen für unterschiedliche Sperrstunden erwerben. Kulturell ist die Einrichtung allerdings noch immer so stark verankert, dass viele Etablissements einfach bei den alten Zeiten bleiben. Für deutsche Ohren klingt das unvorstellbar: gleich nach der Arbeit wird zu trinken angefangen und pünktlich um elf – wenn es bei uns erst richtig losgehen würde - torkelt man dann sternhagelvoll nach Hause. Zumindest ist so nicht der ganze nächste Tag verloren...

Die "Trinkzeiten" beschränken sich im Übrigen keineswegs auf die Abendstunden. Im Gegensatz zum deutschen Spruch "Kein Bier vor vier" gibt es im Englischen den stehenden Begriff des "lunch pint". Auch wenn ich mich Sonntag morgens hin und wieder mit Freunden zum Frühstücken traf, saßen am Nebentisch oft schon meist ältere Leute, die schon das dritte Glas vor sich stehen hatten.

Überleben im Pub – die wichtigsten Tipps

Ein Freund erzählte mir einmal, dass er in einem Pub ewig auf die Bedienung wartete. Die kam einfach nicht. Kein Wunder, denn es gibt nämlich keine. Im Pub herrscht Selbstbedienung. Man geht an die Bar und bestellt direkt sein Pint. Folglich kann es dort teilweise schon mal sehr eng werden. Da heißt es Geduld bewahren, drängeln ist in England nie erwünscht.

Im neuen britischen Citizenship Test lautet eine Frage: "Sie sind in einem Pub und stoßen versehentlich das Bierglas ihres Nachbarn um. Was tun Sie?" Die korrekte Antwort im Test lautet: "Ich entschuldige mich und biete an, ihm ein neues zu kaufen." Der Engländer, der mir diese Geschichte erzählte, bemerkte nicht ganz unzutreffend: "Now, in every Pub I’ve been in, the correct answer would be: run like hell."

Um zu großes Tohuwabohu an der Bar zu vermeiden, ist es in Großbritannien auch üblich, Getränke in "rounds" zu bestellen. Einer am Tisch steht auf und holt einfach für jeden ein neues Bier. Anfangs war ich begeistert, überall eingeladen zu werden. Aber das ist natürlich nicht Sinn der Sache. Irgendwann sollte man selbst eben auch eine "round" zahlen, und so gleicht sich das alles wieder aus.