Küche
Essen im Königreich
Wenig königlicher Speiseplan
Essenszeiten
Diese sind in Großbritannien ziemlich eng festgelegt. Es ist schwierig, sich in kleinen Städten nach 22h noch ein Abendessen servieren zu lassen. In ländlicheren Gegenden empfiehlt es sich auch, das Mittagessen vor 13.30h einzunehmen, will man nicht Gefahr laufen, seine letzten Kekse aus der Reserve holen zu müssen.
Allerorten stößt man auf preiswerte Restaurants. Und genau die sind für den schlechten Ruf der britischen Kochkunst verantwortlich. Das Essen ist herkömmlicherweise ziemlich eintönig und zeichnete sich bis vor kurzem noch durch Geschmacksarmut aus. Sicherlich der Grund, warum Großbritannien im Laufe seiner Geschichte von Eroberungen verschont blieb ... denn: »Die Hölle ist, wo Briten kochen«, hieß es auf dem Kontinent. Wenig Briten finden heute die geflügelten Worte des Schriftstellers Pierre Daninos witzig, wonach die Engländer die Tischreden nur deshalb erfunden hätten, damit man ihr Essen vergesse. Die britische Kochkunst schien stets mit einem Mindestmaß an Gewürzen auszukommen. Die Kuchen, in den verschiedensten Farben und Formen angeboten, schmecken fast alle gleich. Die Köche dort bewahren, Gott sei gelobt, das Geheimnis ihrer Zubereitung für sich. Colouring und flavouring, also Farbe und Geschmacksverstärker, sind immer noch wichtige Grundsubstanzen vieler Lebensmittel, und es ist nichts Ungewöhnliches, wenn einem beim Öffnen einer Dose Erbsen eine giftgrüne Brühe entgegenschwappt. Die Nahrungsmittelindustrie ist in wenigen mächtigen Konzernen konzentriert und man wird selbst in Bäckereien die ewig gleichen Fabrikbrote namens Mother´s Loaf, Mother´s Best usw. vorfinden. Übrigens: während wir früher immer feste über das englisch-amerikanische Brot gemeckert hatten, weil man einen Laib mit etwas Muskelkraft auf wenige Zentimeter zusammenquetschen kann, so wissen wir es heute zu schätzen, weil es wesentlich leichter ist als das unsere und einem nicht in den Magen plumpst. Es lebe das englische Sandwich! Sauerteig- oder Schwarzbrot, so wie wir es kennen, ist am ehesten bei den zahlreichen jüdischen Bäckern (jewish bakery) erhältlich, oft auch in großen Supermärkten.
Der Siegeszug des Sandwich
A propos Sandwich: nach jahrelanger Flaute blokiert dieses nun den Siegeszug amerikanischer Matschburger. Die Renaissance stammt nicht von Ungefähr. Da immer weniger Briten Geld für eine volle Mittagsmahlzeit haben oder ihnen oft auch die Zeit fehlt, verpflegen sie sich am Tresen ihres Pubs oder in der Sandwichbar. Letztere bieten im Schnitt so an die vierzig Spielarten an, Marks and Spencer siebzig. Auch Boots, größte Drogeriekette, hat sich in Kürze zur Nummer Zwei im artfremden Sandwichgeschäft hochgeboxt. Das feudale Ritz läßt Fünf-Sterne-Sandwiches zwischen drei und fünfundzwanzig Pfund ausfahren, und die Britische Eisenbahngesellschaft ließ den Gourmet und Ex-Abgeordneten Sir Clement Freud, Enkel Sigmunds, zwei Designer Sandwiches entwickeln. Bekannt ist der Exzentriker den meisten Briten sonst vom Bildschirm, wo er für Hundefutter wirbt. Geburtsstunde des Sandwich war 1762 in Londoner Hellfire Club, als der Vierte Earl of Sandwich, John Montague eine Scheibe Roastbeef zwischen zwei Brotscheiben packen ließ, um ein seit 24 Stunden währendes Kartenspiel nicht unnütz unterbrechen zu müssen.