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Kultur

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Museen im Southwark-Viertel

Clink Prison Museum 1 Clink St, 200m westl. der Kathedrale, SE1, T. 7403 0900. www.clink.co.uk. U London Bridge. Tgl. 10-18h. Eintritt 7/5 €, Kind (5-16) 5 €, Familie 16 €. Führung stdl. für 2 €.

Vom 12.-16. Jh. beförderten die Bischöfe von Winchester Prostituierte, Schauspieler, Betrunkene und anderweitig missliebige Personen in ihren Privatknast. Was selten mit Sittenstrenge zu tun hatte, denn immerhin kontrollierte die Kirche jahrhundertelang die Bordelle der Bankside und behielt deren Einnahmen für sich. Leider geht das kleine Museum mit dem Thema etwas „lieblos“ um.

Und wo wir schon am Meckern sind: Vinopolis (www.vinopolis.co.uk. Eintritt ab 20/18 €) nebenan zeigt zwar dies und das zum Weinanbau in aller Welt, doch der herbe Eintritt würde sich nicht einmal lohnen, wenn die fünf inbegriffenen Kostproben größer wären als Omas Fingerhut.

Bramah Museum of Tea & Coffee 40 Southwark St, SE1, T. 7403 5650. www.bramahmuseum.co.uk. U London Bridge. Tgl. 10-18h. Eintritt 6/5 €, Familie 16 €.

Über die Butler´s Wharf kamen einst 6000 Kisten Tee pro Tag ins Land. Also musste Ex-Teeprüfer Edward Bramah 1990-92 viele Requisiten nur aus den Lagerhäusern herbeitragen, etwa die größte Teekanne der Welt (14 Liter). 2001 zog er mit seiner übersichtlichen Kollektion von der Butler´s Wharf nach Bankside um.

Eine spannende Sektion erinnert an Londons vergessene Kaffeehauskultur des 17.-19. Jhs. (siehe Bank of England). Tatsächlich lernten die Briten den Kaffee lange vor dem Tee kennen und schätzen. Erst 1657 wurde die erste Tasse des „exotischen Getränks aus China“ auf der Insel kredenzt: in Garraway´s Coffee House. Als dann Karl II. 1672 royalen Wohlgefallen bekundete, trat Tee seinen Siegeszug an und übernahm 1773 in Boston gar eine revolutionäre Hauptrolle. Wieso aber Briten bis heute keinen vernünftigen Kaffee brauen, steht auf einem anderen (vermutlich) Teeblatt.

Tea-time. Als Verfechter hohen Teegenusses greift Bramah jetzt in Londons angestaubte afternoon tea-Szene ein. Seine Argumente: Keine Kleidervorschriften, kein Zeitlimit, aber die ganze Palette nachmittäglichen Glückes inkl. Museumseintritt für 13-15 €, ein Drittel des Ritz-Preises.

Theater

Shakespeare´s Globe 21 New Globe Walk, Bankside, SE1, T. 7902 1500. www.shakespeares-globe.org. 500m südl. von U Mansion House. Ausstellung & Theatertour tgl. 9-17h (Mai-Sep ab 12.30h Ausstellung & Besuch im Rose Theatre). Eintritt 14/11 €, Kind (5-15) 9 €, Familie 36 €. Führung frei, halbstdl.

Der Neuling (1997) neben Tate Modern hat sich rasch als Top-Attraktion für Touristen etabliert, seltener für Londoner. Bekanntlich gilt: All the world´s a stage. Unter dieser Parole rollt eine faszinierende Ausstellung Bills Leben, Bills Theater, das London seiner Tage und Wanamakers Kampf für ein neues Globe auf, in Text, Film, Musik und Multimedia. Im weiten Underglobe unter dem Theatersaal wird deutlich, was „Shakespeare“ für Schauspieler, Musiker und Zuschauer bedeutet. Modelle des Ur-Globe ergänzen elisabethanische Bühneneffekte, die jeder auf touch screens abrufen kann.

Aufführungen. Finden nur von Mai-Sep statt: Steh/Sitzplatz 8/14-40 €, Karten: T. 7401 9919. Im Winter zieht das Ensemble ins benachbarte, überdachte Inigo Jones Theatre um, den Nachbau einer anderen Tudorbühne. Termine der Workshops, Lesungen und Kurse für alle Altersklassen unter T. 7902 1433.
Pause. Macht Kultur Appetit? Globe Café und Globe Restaurant stehen bereit (T. 7902 1570. Tgl. 12-23h).

Globe Theatre: Mit Gründling und Strohdach, wie zu Wills Zeiten

„Jetzt liegt Erwartung in der Luft.“ Der Vers aus Heinrich V. passt auf die Stimmung im rekonstruierten Globe. Zwar stand das ursprüngliche Theater, in dem William Shakespeare auftrat und sich Hamlet zum ersten Mal to be or not to be fragte, seit 1599 im Vergnügungsviertel der Tudorzeit. Doch das Schicksal meinte es nicht gut mit dem hölzernen O. Drei Jahre vor Shakespeares Tod, im Sommer 1613, brannte während einer Aufführung von Heinrich VIII. der strohgedeckte, dachlose Rundbau mit zwanzigeckigem (!) Fundament nieder. Er wurde zwar wieder aufgebaut, im puritanischen Klima von 1644 aber abgerissen.

Wanamaker. So war das Globe nur ein ferner Mythos, als 1949 der US-Bühnenschauspieler Sam Wanamaker (1919-93) die Suche danach aufnahm. Weil die Fundamente längst überbaut waren, fasste er einen Neubau ins Auge und gründete dafür 1970 den Globe Playhouse Trust. Gegen Gleichgültigkeit, ja Widerstände der Behörden im Shakespeare-Land war 1987 genug Geld beisammen, um behutsam mit dem Bau zu beginnen. Die Fertigstellung seines Globe 1997 erlebte Wanamaker nicht mehr.

Rylance. Nach Wanamakers Tod 1993 war mit Mark Rylance (1962-) bald der Nachfolger gefunden, der nun auch den Globe-Spielplan entwirft. Wie jeder englische Theaterprinzipal hat Rylance schon große Shakespeare-Rollen gespielt, u.a. Hamlet, Romeo, Jago, Puck, auch den Ferdinand in Peter Greenaways Film Prosperos Bücher. Erstaunen erntete Rylance für seinen Beitrag im Dauerstreit der Feuilletons: ob Shakespeare all die Shakespeare-Dramen selbst verfasst habe. (Als „Gegenkandidat“ taucht oft Francis Bacon auf.) Salomo Rylance erinnerte nun daran, dass Athena, die Göttin der Künste, stets einen Speer mit sich führe. Indem sie ihn schüttelte, seien kühne Dichtungen ihrem Haupte entsprungen. Und „Schüttelspeer“ heiße bekanntlich – Shakespeare!

Architektur. Bauliche Details des neuen Globe gehen allein auf Sam Wanamaker zurück. Unbeirrt verfolgte er das Ziel, Schauspielern und Zuschauern durch Authentizität neue Einsichten in Shakespeares Theaterwelt zu bieten. Völlige Originaltreue lag freilich außer Reichweite, da die wenigen zeitgenössischen Abbildungen zu undeutlich sind. Aus den Grundmauern des Ur-Globe wurden viele Lehren gezogen; wie andere Teile ausgesehen haben, weiß aber keiner genau. Immerhin, wie einst weist eine Aufschrift groundlings zu den Stehplätzen vor der Bühne, unter freiem Himmel. Bis zu 500 „Gründlinge“ können sich auch auf den Boden setzen, auf die übrigen 1536 Zuschauer warten nackte Holzbänke, die sich auf drei Ränge unter dem dicken Strohdach verteilen. Gespielt wird nachmittags, wie zu Shakespeares (oder Athenas) Zeiten, und auch die Akustik im intimen Rundbau mit nur 30m Durchmesser lässt teilweise zu wünschen übrig.

Baumethoden. Ergiebiger war die Quellenlage zu Baumethoden. So bestehen alle Balken und die beiden korinthischen Pfeiler, die jedermanns Sicht behindern, aus unabgelagerter Eiche. Für ihren Zusammenhalt sorgen kein Nagel, keine Schraube, sondern 600 doppelt verkeilte Holzzapfen, während Kalkputz, Sand und Ziegenhaar die Wandflächen dazwischen füllen. Das kreisförmige Dach mit taubenabweisendem Reet aus Norfolk ist durch chemische Behandlung und Sprinkler-Anlagen so gut wie möglich gegen Feuer gesichert. Zu den raren Zugeständnissen an die Neuzeit zählen auch diskret angebrachte Scheinwerfer, doch nach Sam Wanamakers Willen sollen sie nie die Bühne selbst beleuchten. So erhielt London ein weltweit beachtetes Kulturzentrum in einer Gegend, die verödet war, bis ein junger Amerikaner kam.

Übrigens. Auch hinterm Rose Theatre Trust stehen die Globe-Leute. Er würde gerne eine ähnliche Erfolgsgeschichte mit dem fast benachbarten Rose Theatre (56 Park St. www.rosetheatre.org.uk) schreiben, das ja immerhin die erste Bühne am Südufer war. Gruppenführungen über das Gelände finden bereits im Rahmen der Globe Theatre Tour von Mai-Sep tgl. ab 12.30h statt.