Ein gefallenes Mädchen

London vor dem verheerenden Brand 1666

Die Sündentochter | Droemer/Knaur Verlag | 604 Seiten | 8,95 Euro | von Sandra Lessmann

London im Dezember des Jahres 1665. Richter Orlando Trelawney ist mit seiner Kutsche ganz in der Nähe, als im Schneegestöber eine Hebamme kaltblütig umgebracht wird. Deren Tochter Anne, auf die es der Mörder auch abgesehen hat, kann fliehen, als sie auf ihrer Flucht Orlando Trelawney geradezu in die Arme läuft. Der Mörder entkommt - und Anne, die wie der Leser weiß von einer Vergewaltigung schwanger ist, schleicht sich mit einem schäbigen Trick in die erzwungene Ehe mit dem Wundarzt Alan.

Während Richter Trelawney mit seinem Freund Jeremy Blackshaw mehr oder weniger angestrengt versucht den Mord aufzuklären, verzweifelt Alan immer mehr an seiner Ehe. Zumal er herausgefunden hat, dass das erwartete Kind nicht von ihm stammt, und Annes Bruder offensichtliche Mordgelüste gegen ihn hegt. Als Anne schließlich auch ermordet wird, verdächtigt man Alan und schleppt ihn ins Newgate-Gefängnis. Nun müssen seine Freunde so schnell wie möglich Beweise für seine Unschuld finden - während der große Brand von London am 2. September 1666 immer näher rückt, der drei Viertel der Stadt zerstören wird ...

Drei Männer stehen in diesem Roman im Vordergrund. Orlando Trelawney als der gutmütige aber etwas unbeholfene Richter, der triebgesteuerte aber ehrliche Wundarzt Alan Ridgeway, und die heimliche Hauptperson, der katholisch-römische Pater und studierte Medicus Jeremy Blackshaw. Dieser stellt auch das sympathietragende Bindeglied zur heutigen Zeit dar, da er sämtliche damaligen medizinischen Annahmen anzweifelt und die heute gültigen Kenntnisse vertritt.

Aber hat man erst einmal Jeremys Charakterisierung als intelligenter und moderner Menschenkenner akzeptiert, so ärgert es um so mehr, wenn er offensichtliche soziale Umstände nicht durchschaut (so etwa, als er nicht erkennt, dass sein Freund Richter Trelawney den Beischlaf mit seiner neuen Frau gezielt umgeht, weil seine erste Frau bei der Geburt eines Kindes starb). Störend sind auch zweifelhafte Zufälle, wie jener, als Alan im scheinbar dörflichen London geradezu über eine gesuchte Leiche stolpert. Ein Buch, das durchaus spannend und vierlversprechend beginnt, sich jedoch zunehmend durch Einfallslosigkeit auszeichnet.

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