Architektur

SE1: South Bank, Waterloo

Bhf/U Waterloo.

Das Themseufer zwischen Blackfriars Bridge und Westminster Bridge vollzog den Quantensprung von Bonjour Tristesse zu Welcome to the Show mit Lichtgeschwindigkeit. Es bedurfte nur einer Initialzündung, in diesem Fall durch den Eurostar-Bhf, um das Aschenbrödelviertel in einen kulturellen hot spot zu verwandeln. Aber unter uns: zu Schönheiten werden das Betonlabyrinth South Bank Centre oder die Waterloo-Gegend nie.

South Bank Walk/Royal Mile W Fortsetzung des Queen´s Walk, von Blackfriars Bridge bis Lambeth Bridge.

Pluspunkt des Südufers! Dieser autofreie Spazierweg streift fast alle der folgenden Sights, und der Blick auf St Paul´s oder Somerset House könnte freier nicht sein. Zwischen Bernie Spain Gardens und London TV Centre verbreitet Gabriel´s Wharf mediterranes Lebensgefühl: kitschige Trödelläden, Cafés und South Banks einzige Kneipen. Zu Füßen der Waterloo Bridge stößt man (bei gutem Wetter) auf Londons besten Bücherflohmarkt.

South Bank Centre Belvedere Rd, SE1, T. 7960 4242. www.sbc.org.uk. 500m nördl. von U Waterloo, zwischen Hungerford Bridge und Waterloo Bridge.

Das South Bank Centre bietet grauen Brutalo-Beton satt. Stammt halt aus den 1950ern. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, entdeckt auf mehreren Ebenen, die durch Überwege sozialverträglich verbunden sind, bezahlbare moderne E-Kultur fast jeder Couleur: siehe die folgenden Einträge.

Politische Einrichtungen

County Hall Westminster Bridge Rd, südl. des London Eye, SE1. 400m westl. von U Waterloo.

Größenmäßig kann der Vornehmling (1922) mit geschwungener Säulenfassade es fast mit den Houses of Parliament am anderen Themseufer aufnehmen. Politisch ist ein Vergleich unangebracht, denn in der County Hall residierte 1963-86 das Greater London Council. Dann löste Margaret Thatcher das ihr missliebige Organ kurzerhand auf. Bis Labour an die Macht zurückkehrte, war London also Europas einzige Metropole ohne eigenen Stadtrat – was einige Dinge in dieser verrückten Stadt erklärt.

Am liebsten hätte Ms Thatcher die County Hall 1986 gleich mit eingeäschert. Das konnte knapp verhindert werden, doch blieb ihre Funktion bis 1998 unklar. Dann kaufte sich die Travel Inn-Hotelkette ein, und bald folgten mehrere Restaurants, ein großartiges Aquarium, ein surreales Museum und Namco Station, das Nirwana für Computerspieler. Neuester Zugang (2003) im Hause ist die Saatchi Gallery.

Frenzy. Wem ist die Eingangsszene von Hitchcocks kontroversestem Film (1972) geläufig? Vor der County Hall verspricht ein Parlamentarier seinen Zuhörern in naher Zukunft eine saubere Themse. Schnitt. Eine nackte Frauenleiche wird ans Ufer gespült, das jüngste Opfer des Krawattenmörders.

Waterloo International Station Waterloo Rd, SE1.

Londons Wartesaal nach Europa. Unter Nicholas Grimshaws berühmtem Glasdach geben sich Eurostars ein Stelldichein. Eine Fußgängerüberführung verbindet den Mega-Bhf mit dem South Bank Centre. Auf dem Rondell vor dem Bhf stand lange eine cardboard city, ein Unterschlupf für Obdachlose. Seit 1999 wird es okkupiert vom 30 Millionen € teuren BFI Imax (siehe Unterhalten/Kinos).

Lower Marsh. S vom Bhf warten ein lebhafter Straßenmarkt (Mo-Fr) und das Café Konditor & Cook. Jenseits der Waterloo Rd liegt The Cut mit zwei Bühnen (Old Vic, Young Vic), die ihre Zielgruppe im Namen tragen.

Oxo Tower Wharf Barge House St, SE1. www.oxotower.co.uk. 800m nö von U Waterloo, bei Bernie Spain Gardens.

Der kleine Riese (1912), der sich in der Themse nasse Füße holt, begann als Kraftwerk für das Postamt, bevor ihn der Nahrungsmittelkonzern Oxo übernahm. Um das Verbot großflächiger Werbung zu umgehen, ließ Oxo in den 1930ern seine Buchstaben in die glasreiche Art deco-Fassade integrieren. Eine Ausstellung im Erdgeschoss zeichnet die Wiederbelebung dieser Gegend in den 1980ern nach.

Genuss mit Panorama und höchsten Kritikerweihen siehe Restaurants.

Und ein bißchen Kultur

Royal National Theatre South Bank, SE1, T. 7452 3000. www.nationaltheatre.org.uk. 500m nördl. von Bhf/U Waterloo, östl. von Waterloo Bridge. Backstage Tour (1¼ Std) 8/6 €, Mo-Sa tgl. dreimal.

Auf den Hauptbühnen Olivier und Lyttleton und der Kammerbühne Cottesloe geht das Vorzeigetheater der Insel mit Klassikern wie Zeitgenossen übersprudelnd kreativ um (Termine und Karten siehe Unterhalten).

Wenige behaupten dergleichen von seinem Architekten Denys Lasdun, dessen schmuckloser Betonbau (1976) etwa Prinz Charles, dem Erzkritiker moderner Architektur, als „stillgelegtes Heizkraftwerk“ gilt. Immerhin, nach 23 Betriebsjahren verschlang eine Modernisierung des Nationaltheaters schon 65 Millionen €. Über alle Zweifel erhaben ist der Theatre Bookshop mit 3000 Titeln, Dramen, Essays.

National Film Theatre South Bank, SE1, T. 7928 3232. www.bfi.org.uk/nft, neben dem Royal National Theatre.

Im Archiv des British Film Institute laufen jährlich bis zu 2000 Filme jedes Genres. Keine Kassenschlager, kein Komfortanspruch, häufig Retrospektiven. Zum BFI gehört auch das riesige Imax am Rondell Waterloo/York Rd (siehe Unterhalten/Kinos).

Royal Festival Hall South Bank Centre, T. 7921 0600. www.rfh.org.uk. Foyer tgl. 10-22.30h, Karten (T. 0870/401 8181) 9-20h.

Primus des Komplexes war diese Hall, die Sir Leslie Martin passgenau zum wegweisenden Festival of Britain 1951 hochzog. Seither bietet der „Volkspalast“ (2600 Sitze) Opern, philharmonische Abende, Jazz- und Chorkonzerte. Ein langfristiger Umbau soll bis 2005 die Akustik verbessern und den Dachgarten zu neuem Leben erwecken. Dabei entstehen auch neue Bars, ein Freiluft-Café und eine Poetry Library.

Überschaubarer gerieten im nördl. Nachbargebäude die Queen Elizabeth Hall und der Purcell Room für Kammerorchester (1200 bzw. 300 Sitze). Hier muss Klassik nicht teuer sein (siehe Unterhalten/Musik) – Essen im People´s Palace dagegen schon (siehe Restaurants).