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Charles

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Charles: Robin Hood mit großen Ohren

Belastet mit einer (nach seinen Worten) „ewigen Mutter“ musste schon Viktorias Sohn Eduard VII. 60 Jahre auf den Thron warten. Nun hat auch Charles (1948-) ein stolzes Alter erreicht, ohne eine vernünftige Funktion auszuüben, abgesehen davon, dass er Bio-Produkte vom geliebten Landgut Highgrove in Devon vermarktet. Oft wurde vorgeschlagen, Elisabeth solle zugunsten ihres Sohnes zurücktreten, doch instinktiv weiß sie, dass solch ein Präzedenzfall das „Geheimnis der Monarchie“ (Bagehot) schmälern würde.

Dabei hatte es Charles schon von früh auf schwer, wie er 1994 in einem Interview erklärt. Bei Hofe und im Internat habe er unter der kalten Atmosphäre und der ständigen Abwesenheit der Mutter gelitten. Sein Vater, Prinz Philipp, habe ihn stets als Schwächling gedemütigt und mit harter Hand angefasst. Auch sein Lieblingsonkel Lord Mountbatten (ex-Battenberg) sei wenig aufbauend gewesen: „Wie willst du mit solchen Ohren König werden?“ Schließlich habe er sich vom Vater in die Ehe getrieben gefühlt, doch schon bei der Hochzeit hätten ihn, Charles, schwere Zweifel geplagt.

Seit dem Scheitern der Sache mit Diana sieht sich Charles regelmäßig genötigt, Gerüchte um seinen Thronverzicht zu dementieren, den viele Briten nicht ungern sähen. Teils aus Doppelmoral wie weiland bei Eduard VIII., teils wegen seiner unorthodoxen Ansichten über das Leben, die EU und schönen Kopfsalat. Tatsächlich nimmt Charles mit zunehmendem Alter immer weniger Blätter vor den Mund. Am härtesten prangert er Umweltschäden durch die moderne Landwirtschaft an, die „Verschandelung“ der Städte, das Versagen des Erziehungssystems und mangelndes Verantwortungsgefühl der Industrie. Gerne gemahnt er den Staat an seine Pflicht, die Kultur zu fördern, und warnt vor den Folgen reinen Wachstumsdenkens. Regelmäßig unterstützt er die Re-Integration von Junkies oder Obdachlosen und versäumt keine Gelegenheit, sich zum Anwalt rassischer Minderheiten zu machen. So wird Charles allmählich zu einer Art Robin Hood.

Während der Prinz also versucht, zu etwas nütze zu sein, fürchtet die wirtschaftliche und politische Elite des Landes, er werde sich als Monarch nicht mit Spielregeln abfinden, die ihm eine Rolle als Zierat zuweisen. Mit seinem Philosophie-Mix aus Jung´schem Mystizismus und sozialen Utopien tun sich Abgründe zur Staatskirche auf, deren Oberhaupt er als König würde. Bedroht Charles also das System? How shocking!

Wie hart die Upper Class den Prinzen angeht, ist umso verwunderlicher, da Royals den Eliten an sich als ebenso sakrosankt gelten wie vielen Bürgern. Noch 1991 ohrfeigte ein Royalist den Lord Altrincham im Green Park, weil dieser gespottet hatte, die Queen leiere ihre Reden herunter wie ein „affektiertes Schulmädchen“.

Lange verhalten sich auch die Massenblätter servil. Als 1992 kompromittierende Tonbänder auftauchen, schließen die Pressebarone sie zunächst weg. Probeweise erscheinen dann erste Schmierereien auf den Sockeln königlicher Standbilder. Dass den Redakteuren nichts geschieht, ermutigt zu weiteren Versuchen, zumal Charles und Diana beginnen, Konkurrenzblätter mit Interna zu munitionieren. Bald sind die Statuen über und über besudelt. Und was ist? Kein Tory-Politiker droht den Verlegern, sie würden keine Titel mehr absahnen, wenn die Pest nicht aufhöre. Nur im Independent findet sich ein besonnenes Wort, von Neil Ascherson: Nicht die Monarchie sei in der Krise, sondern die nie reformierten Staatsstrukturen, die ins 17. Jh. zurück reichten.

Dass Charles nicht wirklich den Staat zersetzt, zeigt sich bei Reden über Dinge, von denen er besonders viel versteht, etwa über den adelnden Segen der Arbeit oder die Tugend der Sparsamkeit. So versuchte er letztere ausgerechnet den Nordiren nahezubringen. Sie mögen doch, mahnte er 2002 in einer Rede vor Belfaster Werftarbeitern, „Vorsorge betreiben und soviel Geld anlegen, wie es Ihnen möglich ist“ – aus irischer Sicht völliger Blödsinn, denn die Bank rückt höchstens 8% raus, während der Whiskey doch 43% bietet.

Prinzenrolle: Wieviel ist Charles wert?

Als Gesellschaft beim afternoon tea 120.000 €. Soviel ließ es sich ein unbekannter Bieter bei einer Wohltätigkeitsauktion im Juli 2002 kosten, des Thronfolgers Landsitz Highgrove zu besichtigen, Kekse aus seiner Produktion zu knabbern und mit ihm Tee zu trinken. So viel Großzügigkeit habe selbst Londons Society erstaunt, vermerkt der Sunday Telegraph.

Das schöne Geld hätte womöglich auch Charles gut gebrauchen können, denn derselben Zeitung verriet im Juli 2004 sein Ex-Finanzberater, Diana habe den Thronfolger bei der Scheidung tüchtig gerupft. 26 Millionen € habe Charles ihr übertragen, sagte Geoffrey Bignell: „Ich musste alles zu Geld machen, seine gesamten Investitionen, damit er zahlen konnte.“ Charles sei damals „sehr unglücklich gewesen.“ Bignell wohl auch, denn nach der Scheidung verlor er seinen Beraterjob: „Der Prinz besaß ja kein eigenes Vermögen mehr.“