Posttunnels

Was rumpelt da?

Im Zweiten Weltkrieg waren Schätze wie die Elgin Marbles (siehe British Museum) in einem Posttunnel verstaut. Selbst vielen Londonern ist dieses U-Beförderungsnetz bis heute unbekannt. Die erste Röhre, zwischen Eastern District Post Office und King Edward Building, wurde 1913 begonnen, nach Kriegsunterbrechung und Streiks aber erst im Dez 1927 fertiggestellt. Binnen eines Jahres verschwanden 30% aller Postwagen von Londons Straßen. Die elektrischen Züge rollten führerlos mit 50 km/h durch die Tunnel. An Haltestellen wurde die Post des Amtes darüber verklappt, während für dieses Amt bestimmte Sendungen per Aufzug nach oben entschwanden. Wer auf Bahnsteig 11/12 des Bhfs Paddington die Ohren spitzt, kann noch das Gerumpel hören: Das ist keine U-Bahn, sondern ein Postzug.

Strand U Temple (Mo-Sa) oder Covent Garden (tgl.).

Londons Ausdehnung erfuhr nie Einschränkungen durch eine Zentralgewalt. In der City lenkten reiche Kaufleute über Gilden die Geschicke, in Westminster focht das Parlament seinen Kampf mit der Monarchie aus. Und dazwischen? Lag der Strand, dessen Name von den sandigen Ufern stammt, die sanft in die Themse ausliefen, bis sie dem Dammbau im 18. Jh. zum Opfer fielen. (Dass damals die Seine-Ufer ähnlich aussahen, belegt das französische la grève, Sandstrand. Weil sich dort gerne aufmüpfiges Volk zusammenrottete, nahm es später die Bedeutung „Streik“ an.)

Schon Ende des 12. Jhs. zogen reiche Bürger der City an den Strand. Zur palastgesäumten Allee stieg er aber erst unter Heinrich VIII. auf. Premier Disraeli hielt den Strand um 1870 gar für „Europas herrlichste Straße“ (war Wahlkampf?). Zu dieser Einschätzung wird sich im 21. Jh. niemand mehr bequemen, doch zwischen Theatern, Bürobunkern und Verkehrschaos belohnt noch genug Prunk jeden Spaziergang.

Aldwych Allein den Halbkreis zwischen Aldwych und Strand füllen vier schamlos imperiale Bauwerke. Das Australia House (1912-18) bekam ähnlich viel spätviktorianische Wucht ab wie das India House (1930). Das Gebäude dazwischen sollte ein Großkaufhaus werden, doch dann übernahm die BBC das Bush House (1920) für seinen geschätzten World Service und widmete es laut Inschrift to the friendship of all English speaking countries. Zuletzt wurde auch das jugend-gestilte Aldwych House renoviert – und in einen Bürokomplex mit Luxushotel (One Aldwych) verwandelt.

Harry Potter

Im Australia House steckt in HPs Welt die Gringott´s Bank. Ob Gänge in schwarz-gold oder Kronleuchter über der Halle, in der Muggels um Visa für downunder anstehen: Alles wirkt glaubwürdig als location für eine Zaubererbank. Wer das sehen will, kommt natürlich nicht als Tourist (eine Besichtigung ist seit dem 11. Sep 2001 nicht mehr möglich), sondern als Visumsbewerber ...

St Clement Danes Strand, T. 7242 8282. U Temple (Mo-Sa). Mo-Fr 9-16h, Sa/So 9-15h. Eintritt frei.

Von den Verkehrsinseln am Strand ist unterschiedliches zu berichten. St Mary-le-Strand (1714-17), vis-à-vis vom Bush House, war das Erstlingswerk von James Gibbs. Die Kirche für den Women´s Royal Naval Service wirkt einfach nur verschreckt von der Umzingelung durch Autos und Busse.

Dagegen scheint St Clement Danes gern im Mittelpunkt zu stehen. Von Wrens Original (1682) blieben nach einem der letzten deutschen Bomberangriffe (1941) nur Außenwände und der spitze Kirchturm stehen. 1958 wurde St Clement wieder aufgebaut, diesmal für die Royal Air Force.

Nursery rhyme. Von Mo-Sa intonieren die Kirchenglocken tgl. 9h, 12h, 15h und 18h Oranges and lemons say the bells of St Clements. Nach der Orangenmesse (letzter So im März) erhalten alle Kinder genau das, was ihnen der bekannte, seit etwa 1744 umlaufende Abzählvers verspricht.

Bomber-Harris. Ein Zeitalter, in dem Pfarrer Waffen segnen, muss einer Luftwaffe wohl ihre Kirche bauen. Und eine Luftwaffe muss wohl ihre „Helden“ ehren, auch wenn sie Massenmörder sind. Also enthüllte Premier Major 1993 vor St Clement ein Denkmal für RAF-Marschall Sir Arthur Harris. „Bomber-Harris“ hatte 1944/45 die Bombardements auf deutsche Städte geleitet, bei denen allein in Dresden über 10.000 Zivilisten umkamen.

Somerset House Strand, WC2, T. 7845 4600. www.somerset-house.org.uk. 200m westl. von U Temple. Seaman´s Hall und Galerien tgl. 10-18h, Themse-Terrasse 8-18h, Fountain Court 8-23h. Eintritt frei. Führung (45 min) 5 €, Sa 13.30/15.45h.

In seiner heutigen Gestalt entstand der kolossale Blickfang 1775-98 als Ausstellungshaus der Royal Academy. Was Sir William Chambers da nach palladinischem Prinzip hochzog, halten viele für Londons schönstes weltliches Bauwerk seiner Epoche, noch vor sämtlichen Palästen. Es schmeichelt dem Auge definitiv mehr als die Flickschusterei des King´s College, das die Strand Lane zum Fluss begleitet.

Seit 1907 waren stets Ministerien (of all things!) im Somerset House untergebracht, doch nach einer umfassenden Sanierung ist seit Mai 2000 endlich auch sein Innenleben zu bewundern (der Finanzminister behielt nur den Ost- und Westflügel unter seiner Fuchtel). Die Introductory Gallery erzählt alles über seine Geschichte, auch die des Vorgängerbaus aus der Tudorzeit, den Georg III. abreißen ließ.

Von Somersets drei Kunstkollektionen ist jede auf ihre Art kostbar. Mit ISIC oder unter 18 Jahren kommt man frei rein. Kombitickets für zwei Sammlungen kosten 12/10 €, für alle drei 18/16 €.

Action

Das Vergnügen setzt sich vor den Toren fort. Im zentralen Fountain Court, jahrzehntelang nur Parkplatz für Amtsschimmel, kann man versuchen, trotz 55 tanzender Springbrunnen trocken zu bleiben. Dazu gibt es im Juli Freiluftkonzerte (Di 19h, 18/15 €), und im Dez/Jan wird der Innenhof für Schlittschuhläufer geflutet, gefroren und flutbelichtet. Das ist kostspielig (inkl. Schuhmiete 15/9 €), aber grandios!

Pause. Das kleine Somerset Café besitzt eine Terrasse oberhalb der Themse, und zu lunch oder dinner lässt man sich im noblen Admiralty Restaurant (T. 7845 4646. Tgl. 12-14.30h, Mo-Sa 18-22.30h. Viergängiges set lunch 40 €, zwei/drei/fünfgängiges set dinner 40/50/55-65 €) nieder. Nautik ist das Thema, französisch die Küche.