Machen wir ein Buch?

Reise, Sachbuch, Belletristik ...?
Alle interessanten Themen;
alles was bewegt.

Hier geht´s weiter!

Piccadilly

Body: 

West End

W1: Piccadilly Circus

U Piccadilly Circus.

Halbwegs schönheits-empfängliche Stadtplaner haben in London manche herbe Niederlage eingesteckt, doch dieser Platz ist wohl ihre herbste. Von John Nash 1819 noch als eleganter Circle konzipiert, umstanden von sanft geschwungenen Gebäuden, degenerierte er seit der Erfindung der leuchtenden Werbetafel (billboard) ab 1910 tatsächlich zum Zirkus. Aber postkartengerecht bittschön, denn hier tobt rund um die Uhr der Bär, dank des weltgrößten Plattenladens, eines überflüssigen Rock Circus, anderen Touristenfallen und Fastfood-Plätzen.

Hoch über ihren Köpfen schießt der knappst beschürzte Eros Pfeile in die Menge, die sich gerne hier verabredet. Von Eros, der nach einer der vielen Umbauten aus der Circus-Mitte an den Rand abgeschoben wurde, springt eine Katze locker zum Leicester Square, um den sich die großen Kinos scharen. Im nö Eck, an der Shaftesbury Ave, hocken die immergleichen Porträtmaler und Dudelsackspieler. nördl. davon legt Soho los, dessen rotlichtiger Ruf nur in den Köpfen einiger Touristen weiterspukt. Sie werden dafür gut geschröpft.

Aussicht. Wer im Burger King am Piccadilly Circus einen Fensterplatz im ersten Stock ergattert, bekommt gratis den besten Blick auf das bunte Treiben dazu.

Rock Circus 1 Piccadilly, SW1, T. 7734 7203. www.rock-circus.co.uk. Tgl. 10-20h (Sep-Feb -17h). Eintritt 24 €, Kind 15 €.

Erneut beweist Madame Tussaud´s Team sein Talent für Touristenfallen. Angeblich geht es um Musikhistorie, wenn Immortals of Rock (Wachsfiguren, die angeblich Elvis, Beatles, Springsteen etc. darstellen) dank animatronic techniques (Lippengekräusel, das nie zur eingespielten Musik passt) bionic performances (Hüftschwünge, für deren Folgen keine Krankenkasse aufkäme) abliefern. Klingt grausam? Ist es auch.

London Trocadero 1 Piccadilly Circus, W1, T. 09068/881 100 (60 p/min), www.troc.co.uk. Tgl. 10-1h. Eintritt frei.

Auf sechs Etagen bietet der überdachte Vergnügungspark neben Restaurants, Bars und Läden eine Hightech-Attraktion nach der anderen. Wie das knallt und blinkt und scheppert! Da geht kein Zweibeiner unter 15 freiwillig wieder raus, es sei denn, sein Mäzen weist glaubhaft nach, dass seine Kasse mauseleer ist. Das kann nicht lange dauern: ein ride kostet 5 €, also greift man zu Paketen mit fünf/zwölf Münzen für 15/30 €. Dafür gibt es Köstlichkeiten wie Max Flight (Flugsimulator), Cybersled (Bob-Animation), Scream Ride (Name stimmt) oder Bowling (ohne Lebensgefahr). Das 3D-Kino setzt Gäste in eine Kabine, die solange vibriert, bis ihnen so schlecht ist wie dem Raumpiloten.

Piccadilly Von Piccadilly Circus zum Hyde Park Corner (1400m).

Angeblich lebte um 1660 an dieser Straße jener Schneider, dessen Halskrausen (picadils) bei Gericht besonders gefragt waren. Heute gibt es nicht mehr viele Handwerksleut´, die sich noch ein Haus an der arg befahrenen Prachtmeile leisten können.

Piccadilly kehrt dem gleichnamigen Zirkus in sw Richtung den Rücken. Nacheinander begegnet man nun dem Le Meridien Piccadilly (Nordseite); St James´s Piccadilly (S); dem Mega-Kaufhaus Fortnum & Mason (S); Royal Academy of Arts (N); Burlington Arcade (N), in der die feine Gesellschaft seit 1819 ihre Gartenfeste, ihr Personal und sich selbst ausstattet; Old Bond St (N) mit dem Grundbedarf für gepflegtes Residieren; Ritz (S), darin sich die Herrschaften zum afternoon tea niederlassen; Park Lane Sheraton und Atheneum (N), die die Hyde Park-Ecke mit neun Luxushotels ankündigen; dem preislich adäquaten Hard Rock Café (N); und schließlich dem Apsley House. Piccadillys Verlängerung, Knightsbridge, landet bald bei Harrods.

St James´s Piccadilly 197 Piccadilly, W1, T. 7734 4511. www.st-james-piccadilly.org. U Piccadilly Circus. Tgl. 8-19h. Eintritt frei.

Die einzige erhaltene Wren-Kirche außerhalb der City (geweiht 1684) erlebt Ausstellungen, Vorträge, Zen-Meditationen (!) und jeden Di-Sa 10-18h im schattigen Innenhof eine arts & crafts fair. Dazu veranstaltet die William Blake Society (der Namensgeber wurde hier getauft) regelmäßig Lesungen.

Musik. Jeden Mo/Mi/Fr 13h finden hier klassische lunchtime recitals statt; Spende erwünscht. Abends gastieren bei Kerzenlicht Kammerorchester, Chöre, auch mal ein Barockensemble. Oder das London Festival Orchestra lädt meist Do/Fr 19.30h zur Mozart-Pianoreihe ein. Karten (15-25 €, T. 7928 9251 oder boxoffice@lfo.co.uk) werden ab einer Std vor Konzertbeginn verkauft.

Royal Academy of Arts Burlington House, Piccadilly, W1, T. 0870/848 8484. www.royalacademy.org.uk. 400m sw von U Piccadilly Circus. Tgl. 10-18h, Fr -22h. Eintritt 12/9 €, Kind (12-18/9-11) 4,50/3 €.

Obwohl ihr Ehrfurcht einflößender Name anderes vermuten lässt, obliegt die Leitung der Galerie einem Komitee aus 50 Künstlern und Architekten. 1768 vom Maler Joshua Reynolds gegründet, feiert die RA mit Sonderausstellungen oft Riesenerfolge. So kamen zu Monet in the 20th Century (1999) binnen drei Monaten über 800.000 Besucher. Auch für die große Aztekenschau (2003) und Matisse: The Fabric of Dreams (2005) mussten die Öffnungszeiten verlängert werden.

Summer Exhibition. Verlässlichste Zugnummer der RA bleibt die Sommerausstellung, für die jedermann Werke einreichen kann. 12.000 Objekte kommen da jedes Jahr zusammen, jedes zehnte davon findet Gnade vor der Jury. Von Juni-Mitte Aug wird dann gezeigt, was in Londons Kunstszene up to date ist. „Wenig, wenig“, grummelt mancher, und kommt doch – wegen des noblen Rahmens im palladinischen Burlington House (18. Jh.).

Fleming Collection 13 Berkeley St, off Piccadilly, W1, T. 7409 5730. www.flemingcollection.co.uk. 100m nördl. von U Green Park. Während Ausstellungen Di-Sa 10-17.30h. Eintritt frei.

Herhorchen, wer in die Highlands will! Diese Galerie, im Jan 2002 eröffnet, zog schon im ersten Jahr über 100.000 Besucher an – mit Kunst aus/über Schottland, die seit 1980 von der Handelsbank Fleming (jetzt Chase Manhattan) gesammelt wurde.