Machen wir ein Buch?

Reise, Sachbuch, Belletristik ...?
Alle interessanten Themen;
alles was bewegt.

Hier geht´s weiter!

Zeitung

Body: 

Zeitungen in London

Tagespresse: Wer was sagen will

„Die Times wird von den Leuten gelesen, die im Lande das Sagen haben. Der Daily Mirror wird von denen gelesen, die meinen, im Land das Sagen zu haben. Der Guardian wird von denen gelesen, die denken, dass sie im Land das Sagen haben sollten. Die Daily Mail wird von den Frauen derer gelesen, die im Lande das Sagen haben. Die Financial Times wird von denen gelesen, denen das Land gehört. Der Daily Express wird von denen gelesen, die denken, das Land sollte wie früher geführt werden. Der Daily Telegraph wird von denen gelesen, die denken, dass dem noch so sei. Und The Sun wird von Leuten gelesen, denen es egal ist, wer das Sagen hat, solange die Oberweite stimmt.“

Diesem Londoner Bonmot ist wohl nur die Aussage des gebürtigen Ungarn George Mikes hinzuzufügen:
„Wenn ich einen Leitartikel in der Times las, verstand ich jedes Wort. Nur fand ich nie heraus, ob der Verfasser nun dafür war oder dagegen. Damals schrieb ich das noch meinem miesen Englisch zu.“

GB führte als erstes Land die Pressefreiheit ein und lässt seit 2004 die nächste Presse-Revolution folgen: Fast alle Zeitungen, auch die klugen, erscheinen inzwischen auch bzw. nur noch im handlichen Tabloid-Format. Nie mehr Ellbogenalarm beim Umblättern in der U-Bahn!

Die seriöse Spitze der Zeitungs-Skala bildet seit vielen Generationen The Times (Tagesauflage 2004 rund 600.000 Exemplare). Auf halbrechts wird der Klassiker vom Daily Telegraph (900.000) ergänzt, auf halblinks vom Guardian (450.000); letzterem liegt Sa der Veranstaltungskalender The Guide samt Liste freier WG-Zimmer bei. Alle drei berichten gründlich über die schönen Künste (inkl. Kino, Theater, Konzerte) und haben ziegelsteindicke Sonntags-Ausgaben; die des Guardian heißt allerdings Observer.

Abgesehen vom prima Veranstaltungskalender Hot Tickets (Do) und dem Anzeigenteil (immer gut, Mi am besten, auch für Jobs & Zimmer) bringt der rechts ausgelegte Evening Standard wenig Sinnvolles zustande. Trotz des Names erscheint er Mo-Fr täglich in mehreren Ausgaben.

Eine intelligente Erweiterung des Mega-Spektrums liefert seit 1987 der Independent (tgl.). Im Großformat macht er seinem Namen viel Ehre, arbeitete sich bald in die erste Reihe der Tageszeitungen empor und strampelt nun kräftig, um oben zu bleiben. Sein Spaßfaktor übersteigt selten das Nullniveau. Harter Tobak für eine U-Bahnfahrt, exzellent zum Vertiefen der Sprachkenntnisse, 2003 als Erster auf Tabloid umgestellt.

Das Feuilleton der lachsfarbenen Financial Times (Mo-Sa; 250.000) wird allseits hochgeschätzt, nicht nur von Börsianern. Dazu hilft am Sa ein opulenter Reiseteil beim Planen der Nach-London-Zeit.

Wenn es um Sport geht, sind die Times und der Morning Star der britischen KP bemerkenswert. Wer nicht auf die Bundesliga verzichten will, greife Mo zur Times oder Di zum Guardian.

Und die Regenbogenblätter? Gern belächelt, aber millionenfach verschlungen, sind Londons Auflagenkönige ein Thema für sich. The Sun (Tagesauflage 3,5 Mio, So: News of the World) würde am liebsten tgl. Oliver Kahn, Jacques Chirac oder die EU-Kommission auf den Mond schießen. Auch The Mirror (2,1 Mio; So: Sunday Mirror), Daily Star (800.000; tgl.), Daily Mail (2,3 Mio; So: Mail on Sunday) oder Daily Express (930.000; So: Sunday Express) gebärden sich als rechts-geneigte Revolverblätter für geistige Analphabeten, knapp über dem Niveau von Bild.

Abends erhält man deutsche Zeitungen des Tages bei großen stationers wie W.H. Smith im Bhf Victoria oder rund um Piccadilly Circus.

Royals: Wo laufen sie denn?

Wer das Bedürfnis verspürt, einem Mitglied des Königshauses hautnah zu begegnen, erfährt im Court Circular der Times, welchen Verpflichtungen die Royals am jeweiligen Tag nachkommen.