Prinzessin Sara
Märchen für Erwachsene
Eine kleine Prinzessin - London um 1900
Prinzessin Sara | Gerstenberg Verlag | 224 Seiten | 19,90 Euro | von Frances Hodgson Burnett
Als Sara Crewe sieben Jahre alt ist, bringt sie ihr liebevoller Vater aus ihrer bisherigen Heimat Indien in das graue London. Hier soll sie in einem Mädcheninternat die englische Schulbildung erfahren, um zu einer verantwortungsvollen und intelligenten jungen Frau heranzuwachsen, die eines Tages das gewaltige Erbe ihres Vaters antreten wird.
Ungeheuer intelligent und verantwortungsvoll ist sie schon jetzt - weshalb sie ihr Vater neckisch seine "kleine Missus" nennt. Im Internat nimmt Sara eine Sonderstellung ein - sie verfügt über ein eigenes Wohnzimmer und erhält stets Sendungen mit neuen Kleidern und Spielzeugen. Bald hat sie die meisten Mädchen für sich eingenommen, denn wie weiß wundervolle Geschichten zu erzählen und beurteilt niemanden nach äußerlichen oder finanziellen Kriterien. Ihre besten Freunde werden die pummelige Irmingard und die kleine Lottie, mit deren aufbrausendem Wesen außer ihr niemand fertig wird.
Als Sarah gerade ihren elften Geburtstag feiert, erreicht sie die Botschaft, dass ihr junger Vater plötzlich verstorben ist - vor Kummer um den Verlust seines gesamten Vermögens, das er in eine Diamantenmine investiert hat. Von einen Tag auf den anderen verliert Sara alles. Als völlig mitteloses Mädchen wird sie zur Dienstmagd degradiert und muss umgehend in ein enges und kaltes Dachzimmer ziehen.
Dort freundet sie sich bald mit dem Dienstmädchen Becky an. Während das Hauspersonal sie herumscheucht und für jeden Fehler verantwortlich macht, verliert Sara nie ihren Stolz - in ihrer Vorstellung ist sie eine Prinzessin, nur dass dies keiner weiß. Als im Nachbarhaus ein indischer Herr einzieht, der verzweifelt nach einem kleinen Mädchen sucht, scheint sich das das Blatt für Sara zu wenden ...
Der Leser wird mit Stereotypen geradezu überwältigt. Da ist z.B. die dumme Irmingard, deren Übergewicht allzu oft hervorgehoben wird ("die Dicke"). Noch unangenehmer wird das dadurch, dass Graham Rusts Illustrationen stets eine Irmgard zeigen, die wenig Spuren von Fettleibigkeit zeigen. Sara selbst ist als Hauptperson ein spindeldürres, intelligentes und unfassbar mitfühlendes und nachsichtiges kleines Mädchen, während die Leiterin des Internats eine knochige Alte darstellt, die an nichts anderes als finanziellen Profit denkt. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, ist "Prinzessin Sara" ein unvergänglicher Klassiker, der heute wie damals Kinder und Erwachsene zu begeistern vermag.