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Am anderen Arnoufer

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Das wahre Herz der Stadt

Sehenswertes im Oltrarno

Wie der Name verrät, am anderen Arnoufer gelegen, bildet Oltrarno das wahre Herz der Stadt; volkstümlicher als die anderen Viertel und etwas abseits der Touristenströme. Hier ist der Ort, an dem die Vergangenheit lebendig bleibt. Wirklich ein Erlebnis, durch dieses eng geflochtene Netz der schmalen Gassen zu wandern, die auf malerische Plätze und Kirchen münden, und sich die Muße zu nehmen, um genüßlich zwischen den Buden der Kunsthandwerker und den noblen, wappenverzierten Portalen der Paläste zu flanieren.

Piazza Santo Spirito : bei Einbruch der Nacht unbedingt diesen Platz aufsuchen. Santo Spirito ist in Florenz unser Lieblingsplatz. Hier finden sich abends junge Leute auf den Treppenstufen zur Kirche ein. Tagsüber ein angenehmer Ort, um sich ein wenig im Schatten des Gartens zu erholen.

Santo Spirito: Brunelleschi mal wieder, anno 1440. Fürwahr eine erstaunliche Kirche. Ihre Fassade präsentiert sich völlig kahl - damit ist sie wohl in Italien die einzige auf weiter Flur. Da der Architekt vor der Fertigstellung seines Auftrags starb, wagten seine Nachfolger nicht, Hand an die Fassade zu legen und beließen sie so nackt wie sie war. Im Inneren freilich finden sich jene harmonischen Proportionen wieder, die dem Altmeister der Baukunst so am Herzen lagen. Wir müssen den florentinischen Malern - Lorenzo di Credi, Filippino Lippi, Andrea Sansovino, Fra Bartolomeu und wie sie alle heißen - im Nachhinein noch ein ganz dickes Lob für die Gestaltung der Altaraufsätze und Seitenaltäre aussprechen. Gleich nebenan bedecken Totentafeln fast jeden freien Quadratmeter des weitläufigen Kreuzgangs. Hier finden von Zeit zu Zeit lohnende Gemäldeausstellungen statt.

Der Wirt der Gelateria Ricci am gegenüberliegenden Ende der Piazza hatte einen genialen Einfall: er bat alle ihm bekannten Künstler einen Entwurf zur Vollendung der Kirchenfassade zu zeichnen. Sämtliche Zeichnungen und Skizzen sind in einem kleinen Seitenraum der Gelateria ausgestellt. Nicht zögern, das Licht anzuknipsen, wenn der Raum nicht benutzt wird. Die Entwürfe sollte man sich unter keinen Umständen entgehen lassen, auch wenn das Eisschlecken dort teuer zu stehen kommt.

Palazzo Pitti: Piazza Pitti . T. 21 03 23. Mit seiner Bossenfassade von über zweihundert Metern Länge im Hintergrund eines riesigen Platzes, zählt der Palazzo Pitti zu den eindrucksvollsten Bauten in Florenz. Baubeginn war 1458 nach Plänen von Brunelleschi, den der Bankier Pitti sponsorte. Blieb dann hundert Jahre lang eine Bauruine, bis sich Cosimo I. 1560 hier häuslich einrichtete und die Verbindung zum Palazzo Vecchio herstellte. Der Palast, am Abhang eines Hügels, diente den Medici als Residenz. Maria di Medici, die hier ihre Kindheit verbrachte, dachte wohl an diesen noblen Wohnsitz zurück, als sie das Palais du Luxembourg in Paris errichten ließ. Mag die Außenfassade reichlich massig wirken, so ist der Innenhof doch feiner gearbeitet. Innen im Palazzo Pitti die faszinierende Galleria Palatina, die eigentlich private Gemäldesammlung der Medici. Vertreten sind vor allem das 16., 17. und 18. Jh. und fast keine mittelalterliche Kunst, weswegen sie eine ideale Ergänzung zu den Uffizien bildet.

Gallerie Palatine: im Palazzo Pitti (s.o.). Zutritt von 9-14h, feiertags von 9-13h. Montags geschlossen. Es würde den Rahmen unserer Beschreibung sprengen, alle Meisterwerke aufzuzählen. Hier darum nur die besten:

Castagnoli-Saal: »Auferstehung Christi« von Rubens, »Trionfo di Galatea« von Luca Giordano und ein kostbarer Tisch mit eingelegten, farbigen Edelsteinen.

Venus-Saal: Tizian trumpft auf mit einem farbensatten »Concerto«, den Porträts »Julius II.«, »Pietro Aretino« und einer unbekannten »Schönen«. Rubens zeigt eine seltene Landschaft (»Bauern auf dem Heimweg«). Kopf in den Nacken und die überbordende Ausgestaltung der Decke bestaunen, die wohl den Zweck hatte, die Bittsteller im Vorzimmer der großherzoglichen Gemächer zu beeindrucken.

Apollo-Saal: »Die heilige Familie« und eine »Kreuzabnahme« von Andrea del Sarto; »Vincenzo Zeno« von Tintoretto; »Maria Magdalena« von Tizian, wo der Meister mittels genauer Wiedergabe der Frisur die Sinnlichkeit der Dargestellten herausarbeitet »Karl I. von England« von Van Dyck.

Mars-Saal: »Luigi Cornaro« von Tintoretto Van Dyck, Murillo, Luca Giordano »Andrea Vesalio« von Tizian sowie eine düstere Parabel von Rubens über die »Folgen des Krieges«. Üppige Körper und flutendes Licht symbolisieren das Leben, während Chaos und Dunkel für den Krieg stehen. Von Rubens stammen auch die »Vier Philosophen« - der links ist der Meister höchstpersönlich. Murillo; steuert eine vergeistigte »Madonna« bei.

Jupiter-Saal: das ehemalige Audienzzimmer. An der Decke schildert Pietro di Cortona die »Krönung des Herkules«. Giorgiones Meisterwerk »Die drei Alter des Menschen« zeigt eine perfekte Beherrschung der Farbmischung. Raffael: »La Velata« Rubens: »Die heilige Familie« Andrea del Sarto: »Madonna mit vier Heiligen« »Der tote Christus«, das letzte Werk von Fra Bartolomeo Perugino: »Madonna mit Sackgewand«. Die Zartheit der Konterfeie des Engels und Mariens beachten.

Saturn-Saal: Raffael-Verehrer werden vor der berühmten »Madonna della Sedia« verzückt auf die Knie sinken. Das runde Bildformat verstärkt den intimen Liebreiz der Szene. Weiterhin »Maddalena Doni«, wo Raffael dreist die Pose der Gioconda imitiert, und »Agnolo Doni« sowie weitere berühmte Porträts: »Madonna des Großherzogs«, die »Madonna mit dem Baldachin«. »Kreuzabnahme« von Perugino und ein »Heiliger Petrus« von Barbiera.

Ilias-Saal: Velasquez, Andrea del Sarto, Tizian, Van Dyck, Sustermans, »La Gravida« von Raffael, »Heinrich II.« von Clouet, ein Porträt von Ghirlandaio.

Jupiter-Saal: Van Dyck, Veronese, »Der Herzog von Guise« von Clouet, »Schlafender Amor« von Caravaggio.

»Stufa«-Saal: prachtvolle Fliesen und Fresken, welche die »Vier Weltzeitalter« darstellen sollen, gefolgt von einem Badezimmer aus der Zeit Napoleons.

Odysseus-Saal: Raffaels »Heilige Familie, Alessandro Allori, Andrea del Sarto, Cigolis »Ecce homo«, Tintoretto usw.

Prometheus-Saal: Filippo Lippi glänzt mal wieder mit einer »Madonna mit dem Jesuskind«. Die ausgewogene Komposition der Figuren im Vordergrund und die bunten Szenen im Hintergrund würdigen, die sich perspektivisch hintereinander staffeln. Die Zartheit des Gesichts kündigt bereits Botticelli an, dessen Lehrer er war. Ferner eine »Heilige Familie« von Luca Signorelli und Pontormos »Martyrium der elftausend Jungfrauen«. Das wäre heute nicht mehr zu malen, denn es gibt sie nicht mehr.