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Kampanien

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Kampanien (Campania)

Das Berg- und Hügelland Kampanien ist eine Region der Superlative, im Glücklichen wie im weniger Glücklichen. Und das scheint schon vor Zeiten so gewesen zu sein: von Übel für die Bevölkerung Pompejis und Herculaneums war der plötzliche Vesuvausbruch 79 n.Chr., ein Glücksfall für die heutigen Archäologen ist es jedoch, diese antiken Städte, in einem dramatischen Moment ihres Daseins gleichsam erstarrt, unversehrt aufzufinden. Unglück bestimmt auch die Bilder von Armut und Gewalt, die man in manchen Straßen Neapels zu Gesicht bekommt – Kampanien hält neben Kalabrien die Spitzenstellung bei der Arbeitslosigkeit und seine fünfeinhalb Millionen Bewohner schlagen sich mit dem landesweit zweitniedrigsten Bruttosozialprodukt nur notdürftig durch – im Gegensatz zur traumhaften Schönheit der amalfitanischen Küste, Capris oder der Bucht von Neapel. Zu Kampanien zählen übrigens auch die Inseln Ischia und Procida.

Die Metropole Neapel ist gewiß der Ort, an dem diese Gegensätze am deutlichsten aufeinanderprallen; eine Stadt, die von buntem, lautem und bewegtem Trubel bestimmt ist, wo Luxus, Reichtum und barocker Überfluß mit der Armseligkeit verfallener Behausungen Hand in Hand gehen.

In Kampanien ist die imposante und beunruhigende Masse des über 2000 m hoch aufragenden Vesuvs allgegenwärtig, und die mysteriöse Gegend der Phlegräischen Felder (Campi Flegrei), wo der Sage nach der Kampf der Riesen gegen die Götter stattgefunden haben soll, erinnert stets daran, dass der Vulkan ein wesentlicher Bestandteil der Region ist, die ihm einen erheblichen Teil ihres Reichtums verdankt.

Mit Siebenmeilenstiefeln durch die Geschichte

Im Altertum sollen die ansonsten nicht weiter in Erscheinung tretenden Ausoner in Kampanien gehaust haben, noch bevor im 8. Jahrhundert die Griechen hier landeten und sich an der Küste festzusetzen begannen (z.B. in Cumae und Neapel). Zu einem Intermezzo kam es im 6. Jahrhundert v.Chr., als die Etrusker Kampanien nicht nur seinen Namen verpaßten (nach dem Vorort Capua), sondern sich auch als neue Herren aufspielten. Vom 5. Jahrhundert an sickerten dann die Kampaner aus dem Bergland ein. Die römische Eroberung setzte um 350 v. Chr ein, und seit dem ersten vorchristlichen Jahrhundert war Kampanien den reichen Römern das, was unseren Bundestagsabgeordneten heute die Toskana ist: sie ließen sich Villen, Bäder und Gärten in dieser klimatisch gesegneten und fruchtbaren Landschaft bauen. Kampanien zersplitterte später in langobardische und byzantinische Besitzungen, wurde im 11. und 12. Jahrhundert dann aber infolge der normannischen Eroberung Teil des Königreiches Sizilien. Nach seiner Vereinigung mit dem Königreich Italien 1860 erhielt die Region ihren antiken Namen zurück.

Ein wenig Landeskunde

Klima

Kampanien ist klimatisch verwöhnt, gewiß, aber ein kalter Landwind, Tramontana genannt, sorgt regelmäßig für Gänsehaut. Weht die Prise merklich aus Richtung Meer, so spricht man vom Libeccio. Bekannter der feuchtwarme Scirocco (Schirokko) aus südlichen Gefilden, der von der Sahara her oft Staub und Sand mit sich führt. Schon gewußt? Dessen zugleich nervenerregende und erschlaffende Wirkung wird in der italienischen Rechtssprechung strafmildernd berücksichtigt. Nur für den Fall, dass man beim Zurücksetzen mal einen Obststand zum Einsturz bringen sollte, wie wir´s aus der Fernsehwerbung kennen ...

Wirtschaft

Auf die intensiv betriebene Landwirtschaft – über 60 % der Gesamtfläche dient dem Anbau von Tomaten, Zwiebeln, Zitrusfrüchten, Gemüse, Eßkastanien, Nüssen usw. – kommen wir im Kapitel »Küche« noch eingehend zu sprechen. Ansonsten finden die Bewohner der dicht besiedelten Region in der Keramikherstellung, in Porzellanmanufakturen, in der Korallenverarbeitung oder – mit Schwerpunkt im Raum Neapel – in der Industrie ihr Auskommen. Hier rauchen die Schlote der Chemie- und Stahlwerke, sorgen Raffinerien und Werften für dunkle Flecken auf der weißen Tourismusweste, werden Nahrungsmittel, Textilien, Schuhe und Maschinen gefertigt. Während Stahl und Schiffbau innerhalb der EU als klassische Krisensektoren gelten, basiert die Massenfertigung von Schuhen oder Kleidung auf Niedriglöhnen und schlecht bezahlter Frauenarbeit. Und der Fremdenverkehr? Der sorgt nur punktuell für einen bescheidenen Wohlstand, hat aber unter dem schlechten Image Neapels als einer der italienischen Hochburgen der Kriminalität zu leiden.