Magreglio
Bergdorf in der Lombardei
Schutzpatronin der Radfahrer
Heldentat des Dichters Henry Benrath?
Touristen am Comer See kommen eher selten auf die Idee, sich hoch in die Berge zu wagen. Warum sich Hänge hochquälen, wo sich das italienische Leben am Ufer so gut genießen lässt? Doch einige wissen, was sie in den lombardischen Bergen suchen: das Bergdorf Magreglio, etwa ein Kilometer über dem Meeresspiegel. Dort wartet die Erinnerung an gleich zwei Berühmtheiten.
Don Ermelindo Viganò, der dörfliche Pfarrer, widmete die Kirche Madonna del Ghisallo, der Schutzheiligen der Radfahrer. "Ghisallo" nennt sich der Pass von Magreglio (bis zu vierzehn Prozent Steigung), den Teilnehmer der Lombardei-Rundfahrt meistern. Warum also nicht das Gotteshaus dem Radsport widmen? Gesagt, getan, so erkundigte sich Don Ermelindo beim Vatikan nach einem Schutzpatron für seine Kirche. Er bekam Maria genannt, die nun an diesem Ort liebevoll über alle Radfahrer wacht.
Gino Bartali besuchte die Gottesmutter ebenso wie Fausto Coppi oder Francesco Moser. Ihre Räder hängen an den Innenwänden der Kirche, wie auch Fotos, Trikots, Pokale. Sogar das Fahrrad der Alfonsina Strada entdeckt man, der einzigen weiblichen Teilnehmerin des Giro d´Italia.
Wer sich weder für Kirchen noch für Radsport interessiert, der mag die Literatur als Vorwand nehmen, Magreglio einen Besuch abzustatten. Man denke an den Friedberger Dichter Albert Rausch (Pseudonym: Henry Benrath), der vermutlich Anlass zur Städtepatenschaft Friedbergs mit den Orten Barni und Magreglio war. Zwei Gedenksteine erinnern an diesen Gewinner des Georg-Büchner-Preises. Er machte sich um diese und etliche umliegende Dörfer verdient, indem er die italienische Armee vom Niederbrennen dieser Orte abhielt, so erzählt es die Sage. Aufschluss gibt Paolo Ceruti in seinem Buch "Ein anderes Leben".
Bereits im neunzehnten Jahrhundert erkannten Mailands Reiche den Charme des Bergdorfes. Große Parks legten sie an, mit Villen hinter Bäumen, in denen sie im heißen Sommer die langsam vom See aufsteigende Kühle genießen. Freilich zeigt sich die Natur hier in den Bergen nicht so anmutig wie am See, doch mit ein wenig Vorliebe für Almen, Moore, Wälder und Seen, für Birkenhühner und Auerhähne fühlt sich der Wanderer auch hier recht wohl.