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Aberdeen

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Aberdeen

Schwimmende Restaurants

Boote als Arztpraxis oder Friseursalon

Per Buslinien 7 oder 70 vom Exchange Square in Central erreichbar. Das neben Yaumati und der Causeway Bay größte schwimmende Stadtviertel Hongkongs – im Süden der Insel, wo eine Bucht vor Taifunen schützt – bietet auf Dschunken und Sampans seit Jahrhunderten Tausenden von Menschen Unterschlupf.

Auf den ersten Blick mag der Schiffsdschungel dem im Wallah-Wallah vorübertuckernden Urlauber durchaus malerisch erscheinen; der klägliche Zustand der breitflankigen Dschunken belehrt uns jedoch rasch eines Besseren: zwanzigtausend Einwanderer hausen in diesem schwimmenden Slum auf dreitausend Booten unter unzumutbaren hygienischen Verhältnissen und fristen ein von Mühsal, Schmutz und Elend geprägtes Dasein. Von den Flüchtlingen einmal abgesehen, leben zwei Volksgruppen, Hoklo und Tanka, seit dem vorigen Jahrhundert im einstigen Fischerdorf Aberdeen. Da man ihnen verboten hatte, sich an Land niederzulassen, blieb den Menschen keine andere Wahl.

Im Hafenbecken dümpeln stämmige Dschunken – mit ihrem hochgezogenen, rechteckigen Heck scheinen sie nur darauf zu warten, in See zu stechen – dicht an dicht neben Flußschiffen mit hohen, eleganten Segeln, Sampans, die von ganzen Familien als Hausboote genutzt werden, sowie einer ganzen Armada verschiedenartiger Nußschalen. Durch dieses Gewirr hindurch schieben sich mit Blumen, Obst und Gemüse beladene Kanus. Andere Boote ersetzen Arztpraxis, Friseursalon, Tempel oder Restaurant – wer wollte das schon so genau unterscheiden! – Theater, Bordell, Opiumhöhle oder gar Leichenwagen. Letztere geleiten Verblichene zum chinesischen Friedhof am Hang über Aberdeen, die Zeit ihres Lebens kaum einen Schritt an Land unternommen haben.

Rundum bedrängt sozialer Wohnungsbau den Hafen, in dessen Behausungen Millionen von Menschen wohnen. Man spricht hier von »Government Houses«. Hierher wurden bereits etliche Bootsbewohner umgesiedelt. Jede Familie hat genau eines der zahllosen Fenster. Es müssen viele Familien sein! Beeindruckend auch die Wäsche, die aus Platzmangel zum Trocknen einfach an langen Stecken befestigt wird, die man dann aus dem Fenster ragen läßt.

Welch ein Kontrast zu den aufwendigen schwimmenden Restaurants in der Bucht, dem Tai Pak, dem Sea Palace und dem Jumbo. Muntere Farben und nächtliche Beleuchtung heben sich scharf vom Elend der Umgebung ab. Wenngleich es sich um kostspielige Touristenmagnete handelt, so stehen sie doch im Ruf erstklassiger Qualität. Neonleuchten sorgen nachts für eine märchenhafte Kulisse.