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Edelsteine

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Edelsteine: Vorsicht Nepp!

Diamante für Touristen

Die Träumerei hört da auf, wo die Wissenschaft beginnt. Die Märkte quellen über von Steinen »made in occident«. Im Gegensatz zu Imitaten weisen manche synthetischen Steine die gleichen physischen und optischen Eigenschaften auf wie die echten. Wir möchten nicht wissen, wieviel Erb- und Familienstücke – Rubine, Saphire und Spinelle – mit synthetischen Klunkern bestückt sind, ohne dass die Besitzer etwas davon ahnen.

Manche natürlichen Steine weisen eine durch Bestrahlung veränderte Farbe auf (z.B. blauer Topaz, gelber Saphir), andere wiederum werden durch Ölungen, Färben, Füllen von beim Schliff durch Splittern entstandenen Fehlern (z.B. Rubin, Smaragd, Lapislazuli) oder durch thermische Behandlung (Korund, Beryll), Imprägnation (Türkis, Opal) und Laser (Diamant) verändert, um nur einige der vielen Techniken zu verraten, die jetzt allgemein Verwendung finden und von denen die Verkäufer nichts wissen wollen. Die »falschen Steine« finden sich natürlich stets bei der Konkurrenz vis-à-vis. Dagegen ist kein Kraut gewachsen, und für den Neuling ist es äußerst schwierig, sich zurechtzufinden. Aber keine Panik: der Entlarvung von Fälschungen widmet sich längst eine ganze Wissenschaft. Rasterelektronenmikroskope, Transmissionsmikroskope, Mikrosonden und andere Spektrophotometer lassen, wenn entsprechende Labors herangezogen werden, auch den ausgetüftelsten Tricksereien keine Chance mehr.

Im übrigen sind Farbe und Vorhandensein von Inklusionen (Einschlüsse) nicht ausschlaggebend für die Echtheit, sondern geben dem Spezialisten gerade mal einen Hinweis. Denn abgesehen von den jüngsten Synthesen und Behandlungen, gibt es in der Natur grüne Granate und Saphire, orangefarbene Opale, gelbe Turmaline usw. Es handelt sich hier um natürliche oder künstlich hervorgerufene Fallen, die oft den Rat des klassischen Juweliers, der in der Edelsteinkunde nicht hundertprozentig bewandert ist, zu einem Zufallsprodukt werden lassen.

Amerikaner, Deutsche, Thais und Japaner haben in den Erzeugerländern regelrechte Netze aufgebaut, die alles zusammenklauben und aus deren Klauen lediglich jene von den Profis abgelehnten – weil überbewerteten – Steine herausfallen, die dann in die Spitzenkollektionen der auf Touristen spezialisierten Händler aufgenommen werden. Mythos oder Schicksal – es steht fest, dass Urlauber weiterhin Edelsteine an den vermeintlichen Produktionsstätten kaufen (werden). Man sollte aber wenigstens versuchen, das Allerschlimmste zu vermeiden ...

Branchenbekannte professionelle Aufkäufer werden am Flughafen erwartet und von den Straßenverkäufern selbstverständlich verschont. Bei letzteren handelt es sich um improvisierte Zwischenhändler, denen es nicht an Geschick, aber dafür oft an einem festen Wohnsitz fehlt.

Steine mit Zertifikaten

Es folgt eine Auflistung jener Steinchen, die Händler arglosen Fremden anzudrehen versuchen: Citrine oder Smoky Topaze für Topas, Water Saphir (Cordierit) und synthetisch-blauen Spinell für Saphire, Serpentin und Nephrit für Jadesteine, synthetische Rubine und Granate für Rubine, wertlosen grünen Beryll für Smaragde sowie Aquamarine ohne irgendwelche blaue Farbschattierung. Hauptherkunftsort: Brasilien, Absatz ... weltweit. Was die australischen Saphire, die von Thailand aus vertrieben werden, anbelangt: diese sollte man wie ein Dia betrachten, um nicht vor lauter Blau seine Geistesgegenwärtigkeit zu vergessen ... Die Steine werden zu leblosen Untertassen und in Granatenform geschliffen, damit sie kein Gewicht einbüßen. Den Vogel schießt jedoch zweifellos der Alexandrite aus Kairo ab. Die Ägypter tun sich in der Tat mit der Kunst des Verkaufs von synthetischen Saphiren an leichtgläubige Reisende hervor, die ihre Farbe je nach Lichteinfall verändern. Bekannt sind diese Steinchen unter dem schillernden Namen Alexandrite. Der Name dieses heißgeliebten Steines rührt übrigens nicht von der sehenswerten Stadt Alexandria her – wie es einem die ägyptischen Ladenbesitzer immer weismachen wollen – sondern erinnert an den Geburtstag des russischen Zaren Alexander II.

Was die exotischen Zertifikate anbelangt, so stellen diese eher eine Verkaufshilfe dar, als den Ausdruck irgendwelcher Kenntnisse oder Garantien des Händlers. Wer einen Kauf tätigt, bei dem es um eine beträchtliche Summe geht, sollte diamantenhart bleiben und auf einem Analyse-Zertifikat eines anerkannten Edelsteinlabors bestehen. Es käme ja auch niemand auf die Idee, bei den Gemälden Amsterdamer Antiquitätenhändler handele es sich um echte Van Goghs, nur weil sie zufällig in Holland verhökert werden.

Ein Klassiker bei ahnungslosen Reisenden: das Netz »guter Adressen«. Es fängt alles ganz harmlos mit einem eigentlich recht sympathischen Händler an, der weder den Tee noch die Minuten zählt ...

Wichtig ist auch zu wissen, dass ein Edelstein einen Markt haben muß, soll er den Gegenwert eines Teils der Ersparnisse darstellen. Wieviele echte Qualitätsedelsteine verkommen als Ladenhüter, weil ihre Farbe, ihre Schattierung, ihr Gewicht oder ihre Form gerade nicht gefragt sind? Das zu beurteilen, ist eine wahre Kunst.

Ob man ihn nun in der Hosentasche verschwinden läßt, an sein Herz drückt, in den dreckigen Socken versteckt oder achtlos in den Koffer schmeißt – jeder Edelstein, den man aus sonnigen Gefilden mitbringt, ist beim Kauf garantiert ein Vermögen wert und am Zoll nur noch ein Bruchteil (»22 % Mehrwertsteuer? Der Stein ist totsicher unecht, Herr Oberzollinspektor ...«). Egal, was das gute Stück wirklich taugt: spätestens bei Übergabe als Geschenk nähert sich sein Wert wieder dem einer seltenen Trophäe.

Mitbringsel und Kapitalanlage – unmöglich, mit einem Edelstein zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Man kaufe, weil man sich in den Stein verliebt hat und nicht wegen irgendwelcher finanzieller Überlegungen.