Die Geschichte Hongkongs

Dass die Geheimnisse Chinas in Hongkong tief verwurzelt sind, wer wollte dies bestreiten. Der rote Schatten des Riesenreiches im Norden lag in der Vergangenheit über der Insel, herrscht über die Zukunft und bestimmt die Gegenwart Hongkongs. Wohlhabende Bauern, Geschäftsleute und die Tai-Pans – wörtlich: die »großen Handelsherren« – aus Shanghai und Kanton waren es schließlich, die sich den kommunistischen Spielregeln des neuen Regimes entzogen und als erste Kapital, Know-How und ihre Beziehungen zu den mächtigen englischen Handelshäusern nach Hongkong mitbrachten. Und niemand anderes als die chinesische Regierung wird über die Zukunft der winzigen Kolonie entscheiden. Dass daran die zehntausend ständig auf dem Territorium stationierten britischen Soldaten etwas ändern könnten, indem sie den Einmarsch ihres mächtigen Nachbarn zu verhindern trachteten – selbst wenn London dies beabsichtigte – steht außerhalb jeder ernsthaften Betrachtung der Lage. Obendrein bedarf es nicht einmal eines militärischen Einfalls, läuft der »Pachtvertrag« doch ohnehin 1997 ab; womit China das Recht erhält, auf ganz legale Weise einen Teil des Territoriums für sich zu beanspruchen. Darüberhinaus hat sich England aus klugem Realitätssinn 1984 entschlossen, den Chinesen auch jene Gebiete zu übergeben, die in den »Pachtvertrag« nicht eingeschlossen waren, also die dauerhaft erworbenen. Die Sino-British Joint Declaration sieht zwar vor, dass Hongkong sein wirtschaftliches und gesellschaftliches Gefüge auch nach der Übergabe zunächst einmal beibehalten darf, aber es steht nicht in Englands Macht, die Einhaltung des Vertrages einzuklagen.

Übrigens werden es die Hongkonger England wohl nie verzeihen, dass ihnen etwas verweigert wurde, was Portugal seinen Schützlingen in Macao anstandslos gewährte: den Paß des »Mutterlandes« und damit die Eintrittskarte in einen wie auch immer gearteten europäischen Staatenbund.

Vorkolonialzeit

Acht steinzeitliche Felsinschriften weisen auf eine frühe Besiedlung des »Duftenden Hafens oder Sunds«, so die Übersetzung des chinesischen Heung-Gong, hin. Die ersten Hongkonger dürften zum Stamm der auf Booten lebenden Yueh gehört haben, die in den Sandbuchten Schutz suchten. Die Tanka-Fischer gelten als ihre Nachfahren.

Zeit der chinesischen Besiedlung

Vor rund zweitausend Jahren ließen sich die Chinesen im Gebiet um Hongkong häuslich nieder. Die ältesten, rund tausend Jahre alten Aufzeichnungen erwähnen Tuen Mun – heute eine Satellitenstadt in den New Territories, damals eine chinesische Garnison – und Tai Po am Tolo-Hafen. Aufgabe der Soldaten war es, die Perlenernte am Tolo-Hafen, wo auch die Taucher lebten, zu überwachen.

Siedler aus dem Norden

Vor rund tausend Jahren bewegten feindliche Einfälle und Unruhen im Norden viele kantonesische Familien zur Umsiedlung in jenes Gebiet, das später Hongkong genannt wurde. Die großen Siedlerfamilien, die »Fünf großen Clans«, sind noch heute bedeutende Landbesitzer. Bald wurden die fruchtbaren Ebenen der heutigen New Territories für die Provinz Kanton (Guangdong) urbar gemacht. Auch die Hoklo-Fischer aus dem östlichen Teil Guangdongs zählten zu den ersten Siedlern.

Das 17. Jahrhundert

Im 17. Jahrhundert ordneten die neuen Herrscher Chinas aus der Manchus Quing Dynastie die Evakuierung der Menschen an der Südküste und in Hongkong an, um Rebellionen zuvorzukommen und um der Piraterie zu wehren. Nach einigen Jahren wurde diese Maßnahme wieder rückgängig gemacht, und so strömten neue Siedler aus dem Norden nach Hongkong: das Volk der Hakka (»Gäste«). Die meisten waren Bauern, wie auch die länger ansässigen kantonesischen Clans, welche die Märkte kontrollierten. Wer nicht zur See fuhr, baute Reis, Tee oder Ananas an oder arbeitet in der Salz- und Kalkgewinnung.

Im Laufe der Zeit entstanden viele kleine Dörfer, zum Teil bis auf den heutigen Tag von schützenden Mauern, Wassergräben und Toren umgeben. Uralte chinesische Tempel, den Göttern der Taoisten und Buddhisten geweiht, historische Ahnenhallen und andere Baudenkmäler gemahnen an Hongkongs Vergangenheit, die sich hinter einer glitzernden Skyline verbirgt.