Wandern
Connemara und Mayo für Wanderer
Auf Schusters Rappen
Wer die Küste hinter sich läßt, dringt in das wirklich wilde Connemara vor. Aber Wanderer, zügle Deinen Tatendrang! Im Connemara beginnt fast jeder Tag mit feinem Nieselregen, und das dämmrige Licht klart nur selten auf. Daher wohl auch die eigentümliche Trägheit, die jedes Lebewesen in der Gegend morgens übermannt. Man übe sich in Geduld, nehme sich die Zeit für das in der Gegend typische, gehaltvolle Frühstück. Man wird´s gebrauchen können.
Ein Sprichwort besagt: »Setze Deinen Fuß nur dorthin, wo Du etwas siehst.« Tatsächlich hat schon so mancher übereifrige Irland-Freund schließlich hilflos im Torfmoor festgesessen und auf gutes Wetter geharrt. Man hat sich daher gleich darauf einzustellen, dass die Wanderung nicht vor zehn oder elf Uhr beginnt. Im Verlauf einer sechs- oder siebenstündigen Odyssee über löcherige, schmale Wege, von Schafställen und Koppeln unterbrochen, wird ein jeder noch froh sein, sich am morgendlichen Torffeuer haben stärken zu dürfen. Und im übrigen: unsere geliebten Berge, die Pins und die anderen Croaghs, sind nur im Licht des Sonnenuntergangs so richtig nett anzuschauen.
Der Boden des Connemara ist wie ein wundersamer, merkwürdiger, feinporiger Schwamm oder wie ein Schweizer Käse, in dessen Löchern sich Fallen verbergen. Man muß sich also entscheiden: bleibt man im Loch oder fällt man ins Loch?
Zwei Begriffe sind noch nötig, um diese Landschaft zu definieren: Bog und Crag.
Bog ist jener Sumpf, den man erst entdeckt, wenn es schon zu spät ist. Man lernt nach ein paar Tagen, ihn zu erahnen, nachdem man oft genug in ihm stecken- und klebengeblieben ist. Die Rettung sind die mehr oder weniger gleichförmigen, weichen und nachgiebigen Erdbrocken, die alle Täler, Senken und manchmal auch die Ausläufer der Hügel bedecken. Es gilt, unermüdlich und unverdrossen ohne Ausrutschen von Erdhügel zu Erdhügel zu springen, denn zwischen den Brocken lauert das fremde und unergründliche Reich grünlich oder rostbraun schillernder, schlammiger Wasserlachen. Mit einem unentschlossenen Tritt tappt man unweigerlich in eine schreckliche Falle. Aber wer die hickelnde, zugegebernermaßen ermüdende Fortbewegungsart, die hier erforderlich ist, beherrscht, wird bald wie auf einem unbeschreiblich weichen, molligen Teppich dahinwandeln bzw. -hopsen.
Crag heißen die spitzen Felsen, die aus den oft schroff abfallenden Hängen der Hügel aufragen und in Abwesenheit jeglicher gebahnter Wege oder gar Beschilderung als Orientierungspunkte dienen. Man sollte sich ihre Lage merken, bevor man in eine der hinterhältigen, plötzlich auftretenden Nebelbänke eintaucht.
Richtige Wanderwege existieren nicht im Connemara, und umso weniger in Mayo. Einige alte, gepflasterte oder dürftig geteerte Sträßchen winden sich mitunter ins Nichts. Sie können aber nützliche Dienste leisten, wenn es gilt, einen Sumpf zu umgehen, oder wenn man mal ein paar Meter auf normale Weise marschieren mag.
Demnach wird man sich seinen Weg eher bahnen als aussuchen müssen, unter Beherzigung unserer obengenannten Warnungen.
Fast unnnötig, noch darauf hinzuweisen: unabdingbar sind Wasserflasche das Wasser, das einem unterwegs begegnet, ist ziemlich undefinierbar, und die zahllosen Schafe, die darin herumtrampeln, hinterlassen oft nur noch eine dunkelbraune Brühe ein Kompaß, regendichte Kleidung, wasser- und schlammerprobtes Schuhwerk, warme Pullover und Schuhe zum Wechseln. Wundcreme für strapazierte Füße und Bandagen für den Fall einer Verstauchung gehören ebenfalls ins Gepäck.
Aber ganz davon abgesehen: Irland ist trotzdem ein wunderschönes Land!
Die besten Wanderkarten: Ordnance Survey Nr. 10, »Connemara«. Ordnance Survey Nr. 6, »Mayo«, und Nr. 11, »South Mayo«.
New Irish Walk Guides. Gill and MacMillan; Goldenbridge; Inchicore; Dublin 8 »South and West«.