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Große Hungersnot

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Die Große Hungersnot

Nicht nur die Schwarzfäule war schuld

Vom Anfang bis zur Mitte des 19. Jhs wurden die Kartoffelfelder, die seit etwa 1625 die Hauptnahrungsquelle der rasant anwachsenden Bevölkerung bildeten, von verschiedenen Kartoffelkrankheiten wie Schwarzfäule heimgesucht. Zwischen 1845 und 1848 waren fast alle Anbaugebiete des Landes befallen. Als Folge herrschte eine bedrohliche Nahrungsmittelknappheit. Für die Verschärfung der Katastrophe sorgten Seuchen wie Typhus, Skorbut und Ruhr. Wie die Fliegen wurden die Menschen zu Tausenden dahingerafft, lagen leblos in Straßengräben. Bei vielen Leichen schauten Gras oder Blätter aus dem Mund.

Während dieser Zeit lief der Handel mit Irland also friedlich weiter. Die Briten dachte gar nicht daran, sich um die armen Nachbarn auf der Grünen Insel zu kümmern. Im Gegenteil: kam endlich eine Getreideladung in irischen Häfen für die Hungernden an, liefen gleichzeitig sechs mit Korn schwer beladene Schiffe nach England aus. Britische Spekulanten, englische Grundbesitzer und Kaufleute setzten vorhandenes, irisches Getreide lieber an kaufkräftige Kundschaft in England oder im Ausland ab. Doch schließlich zeigte die Regierung doch eine gewisse Besorgnis und führte die Verteilung von Suppe an Bedürftige ein. Welch freundliche, gewissenberuhigende Geste! Zahlreiche Abgeordnete des Parlaments empfahlen hingegen, man solle Irland mit seiner Naturkatastrophe allein fertig werden lassen. Schließlich wolle man die Iren nicht dazu ermutigen, sich auf die faule Haut zu legen und künftig nur noch von Almosen aushalten zu lassen.

Um den arbeitslosen Landarbeitern und den ruinierten Bauern dennoch die Möglichkeit zu geben, ein paar Pennies zu verdienen, dachte sich die englische Regierung einige ABM-Maßnahmen aus. Gegen ein mickriges Entgelt mußten die Arbeiter die Äcker von Steinen befreien und rundherum Schutzwälle aufschichten, die verhinderten, dass der Wind das Saatgut forttrug. Rund 700.000 Leute wurden auf diese Weise beschäftigt. Nun wissen wir also, wem das besondere Gepräge des Landschaftsbildes im irischen Westen zu verdanken ist.

Hunderttausende von Iren drängten sich auf Schiffen und Booten, die Kurs auf Amerika nahmen. Die schwimmenden Nußschalen erwarben sich rasch den zynischen Beinamen Coffin Boats, zu deutsch »schwimmende Särge«, weil die Sterblichkeitsrate der Passagiere äußerst hoch lag.

Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Hungerkatastrophe waren verheerend: innerhalb von zehn Jahren schrumpfte die Einwohnerzahl Irlands von achteinhalb auf sechs Millionen. Auch danach wanderten immer noch massenweise Iren ins Ausland ab, so dass das Land schließlich nur noch vier Millionen Einwohner zählte. Da überwiegend die Landbevölkerung von der Massenflucht betroffen war, ist die Große Hungersnot auch schuld daran, dass die gälische Kultur, die ja hauptsächlich in der Provinz gepflegt worden war, schneller ausgerottet wurde als binnen fünfhundert Jahren britischer Besatzung.