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Kneipenknigge

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PUBS

Das ein mal eins der Sauftour

Wie es das Motto etlicher Kneipen so schön zum Ausdruck bringt: »Here there are no strangers, there are only friends who have not yet met« (Hier gibt es keine Fremden, sondern nur Freunde, die sich vorher noch nicht begegnet sind).

Die Kneipen gehören mit Sicherheit bei der Bevölkerung wie bei den Touristen zu den populärsten Einrichtungen des Landes. Beim Stichwort »Pub« steigt wie von selbst das Bild eines dekorativen, urigen Gewölbes auf, erfüllt durch angeregte Unterhaltung der Gäste inmitten dicken Zigarettenqualms und würzigen Aromas der verschiedenen Biere. Obwohl ein Großteil der irischen Tavernen von Modernisierungen nicht ausgespart blieb, hat das Ambiente so gut wie nichts von seinem alten Reiz eingebüßt.

Der Knigge für diese Bars sieht normalerweise etwas andere Benimmregeln vor als bei uns. Wer sich zum Beispiel an einem Tisch niederläßt und der Bedienung »Ein Bier, bitte!« zuruft, bleibt auf dem Trocknen hocken, bis er schwarz wird. Getränke sind wie in England auch an der Theke zu holen, was bisweilen zugegebenermaßen einiges Durchsetzungsvermögen erfordert. Nicht den Barkeeper durch Aufmerksammachen per Fingerschnipsen beleidigen. Er hat uns schon genau registriert und nimmt die Bestellung bereitwillig entgegen, sobald wir an der Reihe sind. Ein guter Barkeeper zeichnet sich durch eine wache Beobachtungsgabe und flinkes Arbeiten aus. Man vertraue ihm: er wird seine Gäste von sich aus auf ihre Wünsche hin ansprechen. In manchen, vornehmlich von Touristen besuchten Pubs, wie etwa im O´Donoghue´s in Dublin, hat dieses ungeschriebene Gesetz vielleicht keine Bedeutung mehr, in den echten irischen Pubs jedoch sehr wohl.

Auch wenn jemandem vor Durst die Zunge aus dem Halse hängt, hat er sich nach der Bestellung eines Guinness verhältnismäßig lange zu gedulden. Es muß nämlich mit viel Sorgfalt und in zwei Arbeitsgängen gezapft werden. Liebhabern hellen Bieres wird das Harp oder das Smithwicks (ohne »w« gesprochen) munden. Sobald das Bier vor einem steht, muß man berappen. Dann entstehen wenigstens am Ende der Zeche keine Streitigkeiten über die Anzahl der Runden. Vor allem kein Trinkgeld geben; diese beschämende Unsitte hat glücklicherweise bislang vor Irlands Küste haltgemacht. Wer unbedingt seine Mäuse loswerden will, werfe sie doch in eine der Sammelbüchsen auf der Theke, deren Inhalt angeblich afrikanischen Ländern zugute kommen soll. In Nordirland werden mit dem gesammelten Geld inhaftierte Kämpfer für die Republik unterstützt.

Keiner bleibt länger als zehn Minuten allein vor seinem Glas sitzen, es sei denn, er setzt ein betont abweisendes Gesicht auf. Die Iren sind nämlich ausnehmend kontaktfreudig und neugierig auf jeden Fremden. Auch die Damen brauchen keinerlei Sorge haben, unangenehm angebaggert zu werden, da jede Annäherung von einheimischer Seite eher freundschaftlich gemeint und frei von Hintergedanken ist. Soweit wir wissen, jedenfalls.

Wird man eingeladen, besteht man höflicherweise nicht darauf, selbst die erste Runde zu zahlen, sonst wird sich jeder Ire auf den Schlips getreten fühlen. Wer sich absolut »comme il faut« benehmen möche, müßte eigentlich genausoviel trinken wie sein Gastgeber. Falls man nicht mithalten kann oder will, empfiehlt es sich, bei jeder Runde nur ein half pint oder ein glass zu ordern. Der Geldbeutel wird allerdings weniger strapaziert, wenn man zu ganzen Pints greift, denn sie kommen günstiger als zwei halbe. Sitzt man zu dritt oder viert am Tisch, muß man eine Runde, a round, ausgeben, sobald man an der Reihe ist. Da ein Einzelner bei einer größeren Gruppe rasch am Bettelstab wäre, hat sich die Gewohnheit eingebürgert, einen gemeinsamen pool zu gründen, einen Fond, in den jeder 2 oder 3 £ einzahlt (im Laufe des Abends kann daraus auch mehr werden). Hiervon werden dann soviele Runden bestritten, bis das Geld aufgebraucht ist. Das Glas unbedingt leeren, auch wenn das Bier schon zu den Ohren rauskommt. Sonst fühlt sich der gastgebende Ire möglicherweise vor den Kopf gestoßen.

Und nun noch die Erklärung der wichtigsten Begriffe: für den Fall, dass jemand a half one anbietet, sollte man wissen, dass es sich dabei nicht um Bier, sondern um ein Glas Whiskey handelt. Bestellt man einen chaser, werden ein Bier und ein Whiskey aufgetischt, und ein black and tan stellt eine Mischung aus Guinness und einem blonden oder roten Bier dar. Letzteres ist allerdings eine englische Erfindung und wird von den Iren selbst geschmäht.

Übrigens: niemand wundere sich, wenn der Nachbar beim Wasserlassen auf dem Klo aus heiterem Himmel zu quatschen beginnt. Das ist in Irland gang und gäbe und vollkommen harmlos gemeint. Die Menschen sind dort einfach noch viel kommunikationsfreudiger und kontaktfähiger als bei uns.