Die Tinker

Die Sinti und Roma Irlands

Diese Wandervögel – Tinker bedeutet eigentlich Kesselflicker – werden jedem auf der Reise durch Irland überall begegnen. In zeitgemäßen Wohnwagen oder unter einer simplen Zeltplane hausend oder auch in einem pferdegezogenen Planwagen umhervagabundierend, verweilen sie niemals lange an einem Ort. Es handelt sich dabei also meist nicht um Zigeuner, sondern um die Nachfahren von Bauern, die von englischen Besatzern und Großgrundbesitzern von ihren Ländereien vertrieben wurden, und die erheblich unter der Großen Hungerkatastrophe von 1844 litten. Eine Seuche, der Mehltau (mildew), hatte die Kartoffel befallen, die damals für viele Iren das Hauptgrundnahrungsmittel darstellte, so dass eine Massenabwanderung der Betroffenen in Gegenden einsetzte, in denen sie ein Auskommen zu finden hofften. Aus dieser Zeit stammen auch die größtenteils von Arbeitslosen errichteten Mauern auf den Feldern, die verhindern sollten, dass der Wind die kostbare Saat hinwegfegte. Ganze Familien irrten jahrelang umher und schafften es nirgendwo, wieder Fuß zu fassen. Deren Rastlosigkeit haben die Tinkers bis heute bewahrt. Sie sind, nebenbei bemerkt, Meister in der Herstellung hübscher Korbflechtereien sowie schmucker Zink- und Messinggegenstände, also in den typischen Erwerbszweigen der Landfahrer; daher rührt auch ihre Bezeichnung. Da der Name in Irland eine herabsetzende Bedeutung hat, spricht man besser von Travellers, Reisenden. Sie siedeln sich vermehrt in den ärmeren Vororten von Dublin an, aber die Regierung ist ihnen dabei nicht mehr übermäßig behilflich.

Auch in England erfolgte übrigens eine massive Vertreibung der Landbevölkerung durch Bürgertum und Landadel, indem sie sich die Allmenden (commons) unter den Nagel rissen, die selbst dem Ärmsten ein karges Auskommen gesichert hatten, denn dort hatten sie bis dahin ihr Vieh weiden oder das Land sonstwie nutzen können. Der Angriff auf die Allmende führte dazu, dass der Landadel seine Kosten durch Anlegen von Hecken und Steinwällen drastisch in der Weidewirtschaft senken konnte, denn Hirten wurden überflüssig. Ferner wurde der Anbau von Getreide und vielen anderen Feldfrüchten seit Inwertsetzung der Kolonien unrentabel, so dass diese billiger aus Australien u.ä. eingeführt werden konnten. Auch dies bedeutete, dass ein großer Teil der Landbevölkerung überflüssig war und zu verschwinden hatte.
Dem Bürgertum kam die Auflösung der Allmende deshalb zupaß, weil tausende von Entwurzelten sich um die Arbeitsplätze in der aufkommenden Industrie rissen und somit billige und willige Arbeiter waren. Wie das aussah, beschreibt eindruckvoll ein Buch mit dem Titel Die Lage der arbeitenden Klasse in England von einem gewissen Engels oder so. Soweit zum ach so typischen englisch-irischen Landschaftsbild, das wir so lieben ...