Tréguier
Klostermauern
Langeweile
»Tréguier, meine Geburtsstadt, ist ein ehemaliges Kloster, gegründet in den letzten Jahren des fünften Jahrhunderts vom heiligen Tudwal oder Tual, einem der religiösen Anführer der großen Wanderbewegungen, die Namen, Rasse und religiöse Institutionen der Britischen Insel in die armorikanische Halbinsel übertrugen [...].
Es bildete sich natürlich eine kleine Stadt um den Bischofssitz herum; doch die weltliche Stadt, die keine andere Existenzberechtigung besaß als die Kirche, entwickelte sich kaum. Der Hafen blieb unbedeutend; es bildete sich kein begütertes Bürgertum heraus. Eine bewunderswerte Kathedrale ragte Ende des 13. Jahrhunderts gen Himmel; die Klöster verzeichneten einen Überfluß mit Beginn des 17. Jahrhunderts. Ganze Straßen waren eingeschlossen von den langen, hohen Mauern der Klostergebäude. Das bischöfliche Palais, ein schöner Bau aus dem 17. Jahrhundert, und die Gebäude der Domherren waren die einzigen, wirklich bewohnbaren Häuser. Im unteren Teil der Stadt, am Eingang in die von kleinen Türmen flankierte Grand-Rue sammelten sich einige Herbergen für die Seeleute.« Ernest Renan, Erinnerungen an Kindheit und Jugend, 1883.
»Das Haus fast auf der Höhe der rue Neuve (der ältesten Straße von Tréguier) wo die Kerguénou mit ihrem Geschäft residieren, wurde für fünftausend Francs gekauft, gar nicht lange her, aber die dreitausend Menschen hier, auch wenn sie schon ihre erste Liebe vergessen haben, erinnern sich daran.
Vielleicht kann man die Stadt mit Verneinungen am besten beschreiben: alt aber nicht veraltet, grau wie das Wetter des Himmels, gleichmäßig wie die Schläge des Pendels; eine Mauer mit Öffnungen; die geometrische Figur sehr würdiger Langeweile; die Verweigerung jeglicher Fantasie. "Ein schönes Haus, bitte", sagen die Leute, das heißt ein ziemlich großes Haus.« Henri Pollès, Sophie de Tréguier.