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Artus-Sage

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Bretonischer Patriotismus

Artus-Sage

Die Jahrhunderte nach dem Zusammenbruch Roms sind für die bretonischen Königreiche Großbritanniens und der Bretagne eine Phase relativer Stabilität, verbunden mit einem intensiven kulturellen Glanz. Eine Epoche, in der sich die Bretonen ebenso naiv wie stolz als die Fortsetzer Roms und des Christentums proklamieren, wobei sie gleichzeitig über ihre trojanischen Ursprünge fabulierten, die auf einen Vorfahren namens Britus zurückgehen (daher ihr lateinischer Name Britanni), der ein Nachkomme von Äneas gewesen sein soll. Dieses doppelte keltische und römische Erbe kam zum Ausdruck durch den Gebrauch von zwei von Dunbarton bis Guérande nebeneinander existierenden Sprachen, nämlich dem Bretonischen und dem Lateinischen.

Sicher, in einer Welt, die lange Zeit als von der »barbarischen Finsterniss überflutet dargestellt wurde, ist die Lage nicht idyllisch, und sei es nur wegen den ständig geführten Kriegen (aus Gründen des Widerstands, aber auch aus Habgier), welche die bretonischen Königreiche von der Insel (7) gegen ihre piktischen, sächsischen, normannischen oder fränkischen Nachbarn führten. Nichtsdestotrotz entwickelt sich vor allem in Armorika, wo die inneren Kämpfe weniger heftig verlaufen, eine Art bretonischer Patriotismus, gestützt auf einen in mancher Hinsicht legitimen Stolz. Denn es stimmt, dass die Bretagne zu jener Zeit eine der westlichen Bastionen des Christentums bildet, einen Mittelpunkt, von dem aus bekehrende Missionen ausgehen (allen voran Saint Patrick in Richtung Irland), ohne die später die karolingische Renaissance unmöglich gewesen wäre.

Vor diesem Hintergrund entwickelt sich nach und nach die Artus; Sage. Artus war, wie bereits erwähnt, zweifelsohne ein großer Kriegsherr gewesen, der gegen 500 nach Christus unter dem römischen Namen Artorius überwältigende Siege gegen die Sachsen davongetragen hatte. Und sein Ruf war im Laufe der Jahre derart geworden, dass der Glaube an seine Wiederkehr sich im Volk verbreitet hatte. Außerdem entstand zu Beginn des 9. Jahrhunderts eine Historia Brittonum, die lange Zeit Nennius zugeschrieben wurde, und die aus älteren Berichten hervorgegangen war, von denen wir nur Fragmente kennen. Sie erzählte das phantastische Epos des Königs, der, einem Messias gleich, eines Tages die Insel Avalon verlassen haben soll, wo er schwerverletzt Zuflucht gefunden hatte, und sich an die Spitze seines Volkes setzte, um die Größe des alten Roms wieder herzustellen.

Schon dieser Text war grandios. Aber die neue Version, die 1135 der aus Armorika stammende Mönch Geoffroy de Monmouth davon unter dem Titel Historia Regum Britanniae lieferte, wurde so außergewöhnlich positiv aufgenommen, dass dieses Buch vielleicht nicht ganz so stark wie die Bibel, aber zumindest ebenso wie die Odyssee zu einer der fruchtbarsten Quellen in der abendländischen Kunst wurde.

Geoffroy, der behauptet, als Quelle ein von einem Freund aus Armorika mitgebrachtes Manuskript benutzt zu haben, präsentiert seine Historia wie die Chronik der wirklichen Ereignisse, die sich in Britannien von der Ankunft Britus´, dem Enkel von Äneas, bis zum Tod des Königs Cawaladr im Jahre 689 abgespielt haben. Die Episode um Artus aber stellt das Hauptthema dar.