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Unsicherer Grund

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Versunkene Städte, Erosion, menschliche Eingriffe

Molen und Lagunen, schwabbelnder Boden, blöde Brücken

Hineingeworfen ins offene Meer, bis weit ins Innere von Gischt übersät, gleicht die Bretagne einer Halbinsel, der sich die Inseln wie Säumlinge in einem Geleitzug anschließen. Nicht ohne Grund geben die Fraktalforscher immer das Maß der bretonischen Küste als Beispiel für eine unmögliche Längenberechnung an.

Wer wollte sie zählen, die Inseln der Bucht von Saint-Malo, am Archipel Bréhat, die kleinen Eilande der Sept Iles (»Sieben Inseln«), Batz, Ouessant, Sein, Glénans, Groix, die Schiefermassen im Golf von Morbihan, Belle-Ile-en-Mer, Houat, Hoëdic und die tausend Landstücke im Meer, die Riffs und verstreuten Felsen.

Wenngleich die Inseln in Folge von Erosion und Faltung »aufgetaucht« sind, liegt ihr Ursprung wahrscheinlich in einem allgemeinen Anstieg des Meeresspiegels. Daher auch sind sie – unter der Wasseroberfläche – direkt an das Land angebunden, sie verlängern die Granitschichten des Léon, der pointe du Raz und der pointe du Van. Als geologische und geographische Überreste bilden sie eine Fortsetzung der übereinanderliegenden Gesteinsschichten des Sattels der Cornouaille aus Granulit, Gneis und Schiefer, die sich an einem Punkt westlich von Sein im Meer treffen.

Hier liegt auch die Erklärung für den bretonischen Mythos der versunkenen Städte: Ys mit den hundert Türmen, Tolente an der Küste vor Vrac´h und Rheginea bei d´Erquy. Und tatsächlich ruht ein Jahrtausende alter Wald von Eichen, Weiden und Ulmen einschließlich menhirs und dolmen unter Sand und Wasser. Durch den Wind verstärkt, reißen die Wellen das Land immer wieder auf, formen und höhlen es aus, trennen und fügen zusammen oder lassen Teile verschwinden, vor allem in dem Bereich, der unmittelbar den Gezeiten ausgesetzt ist. Eine durch Anschwemmung entstandene Landzunge verbindet die Ile-Grande (»Große Insel«) mit dem Festland. Quibéron, Gavre und Batz oder Le Croisic bildeten früher einmal Inseln, wohingegen die heutige Insel Tudy und die Ile des Ebihens durch Veränderungen des Küstenstreifens entstanden sind, um deren Untersuchung und Datierung sich die Gewässerkundlern kümmern. So erforschte beispielsweise Beautemps-Beaupré 1818 die Erhebungen zwischen Tudy und der Pointe de Coubert: die Landenge, die Insel und Küste miteinander verband, wies damals eine Breite von etwa dreißig Meter auf, bei Flut bildete das Wasser aus Lagunen und dem offenen Meer eine einzige geschlossene Fläche. 1903 hingegen erstreckten sich die Dünen bereits von Tudy bis nach Combrit.

Mitunter zerstört auch menschlicher Einfluß den Charakter der Inseln: so etwa die Brücke zwischen Beniguet und Bréhat, die Mole zwischen Enes-Bihon und Corréjou, die Brücke zwischen Locoal und Mendon und andere.

Einige Inseln liegen nur für einige Stunden am Tag ganz im Wasser: die île de la Comtesse (vor Saint-Quay-Portrieux), île des Ebihens (Saint-Jacut), île Vierge (Plouguerneau), île Tristan, in der Nähe die île Saint-Gildas und die île Penvenan (Côtes-du-Nord) sind bei Ebbe auch für den Spaziergänger trockenen Fußes vom Festland aus zu erreichen.