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Im Widerstand

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Haß und Gewalt

Trauerzüge und de Gaulle

Die PNB zählte zwar zu ihren stärksten Zeiten 3.000 Anhänger, konnte aber auf keinerlei Unterstützung aus dem Volk zurückgreifen. Im Gegenteil. Als beispielsweise die Résistance im September 1943 einen der Anführer von Breiz Atao hinrichtete, den aus Quimper stammenden Yann Bricler, gab es keinen spontanen Protest, sondern unterstützende Demonstrationen: »Von der rue du Palais herkommend, erreichte der Trauerzug die von Menschenmengen gesäumte place du 118e und zog bis zur Kirche Saint-Matthieu durch ein Spalier von Leuten, die höhnisch grinsten« erinnert sich Mordrel; anläßlich der Beerdigung desjenigen, der sein Cousin gewesen war. »Haß und biblische Gewalt lagen in der Luft. Die Kommandantur hatte aus Furcht vor Übergriffen an jedem Platz einen Feldgendarmen postiert, der mit einem Maschinengewehr bewaffnet war. Möglicherweise wäre der Trauerzug ohne ihre Anwesenheit angegriffen worden.«

Diese Reaktion erklärt sich durch die überzogenen Forderungen derjenigen, die drei Monate später die düstere Bezenn Perrot bilden sollten, in Erinnerung an den Rektor von Scrignac, Jean-Marie Perrot, eine der Gestalten der kulturellen Emzav, aber auch – selbst wenn es verleumderisch wäre, ihn als Nazisympathisanten anzuprangern – großer Verfechter des Bolschewismus und Mitglied des von Vichy geschaffenen Beirats der Bretagne. Aber hinter dieser Reaktion steht auch die Sympathie, über welche die Résistance in der Bretagne bereits verfügte. Eine vom 19. Juni 1940 an offene Résistance, die erlebte, wie sich die Gesamtheit der Männer von der Ile de Sein nach London einschiffte, um zur France libre zu stoßen.

Die gründliche und unparteiische Chronik der bretonischen Résistance ist noch nicht geschrieben. Es gibt gerade einmal eine Reihe von partiellen Zeugenaussagen, sowie eine angeblich erschöpfende Studie in drei Bänden. La Bretagne dans la guerre (Die Bretagne im Krieg), deren Hauptfehler darin liegt, dass sie von einem Ehemaligen der Delaport´schen PNB verfaßt worden ist, nämlich von Hervé Le Boterf. Es ist aber gesichert, was die nationalistische Ideologie auf den Kopf stellt, dass das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer spezifischen Gemeinschaft, der Bretagne, die von einem fremden Eindringling besetzt ist, eine bedeutende Rolle für die Überzeugungskraft der Antinazibewegung spielte.

Andererseits begünstigte die Bocagelandschaft in der Bretagne die Guerilla, bei denen eine Parole folgendermaßen hieß: »Immer eine Böschung Vorsprung haben vor dem Feind. Schließlich, wenn die gaullistische Geheimarmee und ihr von Oberst Rémy; aus Vannes geleitetes Informationsnetz sich dank der Meeresverbindungen zu England so gründlich einnisten konnten, scheint es, dass die Nationale Front, geführt von den Kommunisten und den FTP, die ihren militärischen Arm darstellten, wichtige Positionen innehatten, vor allem in Le Trégor und La Cornouaille, sowie in den Städten und Häfen. Kurz und gut, die bretonische Résistance begann früh und eroberte rasch weite Schichten in der Bevölkerung, wodurch sie sich ihrer herausragendsten Vertreter würdig erwies: René Pleven in London bei de Gaulle, sowie Charles Tillon in Paris an der Spitze der FTPF.

Der beste Beweis für die Verwurzelung der Widerstandsbewegungen ist die Geschwindigkeit, mit der die bretonischen FFI (Force française de l´intérieur – Französische Streitkräfte des Innern) sich als Herren ihrer Region erwiesen. Während die alliierten Truppen eigentlich nach guter Militärlogik die Bretagne nach ihrer Landung in der Normandie hätten »reinigen« müssen, um zu vermeiden, dass sie bei ihrem Vormarsch nach Osten von hinten angegriffen werden, wurde ihnen diese Aufgabe jedoch erspart: noch vor Ende Juni 1944 hatte sich die Bretagne durch einen allgemeinen Aufstand selbst befreit, wobei man den Nazis nur die befestigten Frontlücken Brest, Lorient und Saint-Nazaire überließ, die leider ihrerseits bis zum Waffenstillstand durchhielten.