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Aufstände

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Bauernkriege

Neue Verkehrswege

Wie hätte eine so heftige Veränderung spontan vonstatten gehen können? Wie hätte sie sich von spektakulären Krisen befreien können? Tatsache ist, dass zwei bedeutende Aufstandswellen den Wechsel herbeigeführt haben, und dass alles darauf hindeutet, dass es weitere geben werde.
1960-1962: die Schlagzeilen der Pariser Presse lauten: »Der größte Bauernaufstand der Gegenwart« oder: »Die Schlacht um die Bretagne« wobei – oftmals voller Grausen – über die Massendemonstrationen berichtet wird oder über die Kommandoaktionen derjenigen, die sich durch zwei Jahre Militärdienst in Algerien angeleitet, selbst die »bretonischen Fellaga (12) nennen. An der Spitze der Bewegung, die am 9. Juni 1961 in der Besetzung der Unterpräfektur in Morlaix; durch hunderte von Landwirten gipfelt, die nach dem Vorbild der Partisanenkriege organisiert sind, sowie später dann im Herbst in der Schienenschlacht« findet man junge Anführer aus den Reihen der Bauern und Händler, von denen einige, so wie Alexis Gourvennec; oder Edouard Leclerc; bald darauf einen Unternehmungsgeist an den Tag legen werden, der mit der traditionellen bretonischen Schüchternheit deutlich brechen wird.

Unter dem Druck der Ereignisse sieht sich das Comité d´étude et de liaison des intérêts bretons (CELIB) – 1955 auf Initiative Joseph Martrays hin gegründet, um »bei der Staatsmacht Sprecher der aktiven Kräfte der Bretagne zu sein –– gezwungen, seine Status als unpolitische Lobby zu überschreiten (sein Präsident, René Pleven;, ist eine bedeutende Person der Rechten, während sein wirtschaftlicher Haupttheoretiker, Michel Phlipponeau, seine Sympathien für den Sozialismus nicht verhehlt), sowie seinen Stil einer Honoratiorenversammlung, um drohende Erklärungen an die Regierung von Michel Debré zu richten: »Die Bretagne ist entschlossen, ihre alten Gewohnheiten abzulegen; morgen sind, falls nötig, ganze Menschenmassen bereit sich zusammenzufinden, um eine Lösung für das »bretonische Unwohlsein zu fordern [...]. Wenn die Bretagne nicht auch ihren Plan von Constantine bekommt, werden die Bauern die Fellaga (1) der Bretagne sein (Erklärung, die am 19. August 1961 in Pontivy; unterzeichnet wurde, von dort versammelten fünfzehnhundert Parlamentariern, Kreisräten, Bürgermeistern, Vertretern aus der Landwirtschaft, aus den Reihen der Arbeiter, der Händler, der Industrie, des Handwerks, sowie der kulturellen Vereinigungen).

Trotz dieses Ultimatums erhielt die Bretagne kein wirkliches Gesetzesprogramm. Nichtsdestotrotz wurden langfristig eine Reihe von Maßnahmen getroffen, welche die heutige wirtschaftliche Modernisierung förderten. Neben Subventionen und Steuervorteilen für Unternehmen, die sich in der Bretagne niederließen, ging der Staat mit gutem Beispiel voran, indem er Lannion als Sitz des Centre national d´études sur les télécommunications (CNET) auswählte, und auf diese Weise den Industriellen eine Linie vorgab, die etwas irreführend »vocation électronique (Berufung von der und zur Elektronik) der Bretagne genannt wurde. Durch die Vermittlung vergüterter Anleihen bekamen die Landwirte, und hier insbesondere die jungen, die Möglichkeit zu investieren, um ihre Gerätschaften anzupassen an die neuen Technologien, die neuen Produktionen und Gesetzmäßigkeiten eines sich immer zu Europa hin öffnenden Marktes. Schließlich wurde die Bretagne nach einem bretonischen Straßenplan und einer Modernisierungspolitik bezüglich der Verbindungen (Autobahnen, vierspurige Straáen, Atlantik-TGV) zwischen der Bretagne und Paris allmählich aus ihrer Enklave herausgeholt, wenn auch Querverbindungen, wie Rennes-Lorient oder Rennes-Nantes fürchterlich bleiben.

(1) Fellaga = Aufständische in Algerien.