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Frömmelnde Knechtsseelen

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Chouans - Katholisch gestempelte Katholiken?

Rothaarige, revolutionäre Kolosse

Kelten, das sind wir; allerdings nicht so ausschließlich, wie manche es vorgeben. Altertümlich, das sind wir lange gewesen und bleiben es genügend, um zu versuchen, uns nicht etwa dem modernistischen Stil der Yuppies oder der Hersteller von Clips, sondern der »absoluten Moderne« so wie sie Rimbaud; versteht, zu nähern. Bleibt also unsere Chouannerie, diese Mischung aus christlicher Frömmelei und Freude an Knechtschaft, die angeblich unser politisch-geistiges Wesen sein soll. Abgesehen davon, dass dieses Klischee seinerseits wiederum auch überholt ist – falls es jemals überhaupt irgendwie triftig war.

So soll also das »gute bretonische Volk« unverdrossen vom katholischen Stempel geprägt sein ... Sicher, der Einfluß war schon stark und stellte selbst im Pays de L‚on die Hauptinstanz des täglichen Lebens dar. Aber trotz dieser tiefgreifenden Beeinflußung gebietet es die Wahrheit, dieses allzu pietätsvolle Bild zu nuancieren.

Beginnen wir mit folgender Nuancierung: das Christentum in den alten bretonischen Fürstentümern war nicht auf Anhieb orthodox gesinnt, sondern wich im Gegenteil lange Zeit vom rechten Glauben Roms ab. Pelagius beispielsweise, ein rothaariger Koloß, der um das Jahr 360 herum in Großbritannien geboren wurde, kollidierte heftig mit der Kirche bezüglich einer wesentlichen Frage, und zwar der des freien Willens, der für ihn verbunden war mit der Vortrefflichkeit der Schöpfung. Darauf sind seine Kontroversen mit Augustinus zurückzuführen, die maßgeblich waren für die Zukunft des Christentums.

Pelagius ließ sich Anfang des 5. Jahrhunderts in Rom nieder und wurde rasch zum spirituellen Meister, der von den neubekehrten Patrizierinnen vergöttert wurde. Faszinierend waren vor allem seine Askese und seine Stimme, deren Virtuosität die Seelen und Herzen entfachte, will man den Zeugenaussagen Glauben schenken, die uns darüber erhalten sind (Hieronymus nannte ihn homo latinissimus) . Es gibt keine Erbsünde, erklärte er, denn die Schöpfung eines guten Gottes kann nur gut sein. Und keine Verfluchung haftet den Körpern der Menschen an, die nicht wie er, Pelagius, das Keuschheitsgelübde abgelegt haben. Es herrscht vollständige Freiheit in einer Welt, in der das Böse existiert, aber nicht unvermeidlicherweise, sondern als Folge schlecht oder irrtümlich getroffener Wahl. An jedem ist es also demnach, an seinem Seelenheil zu arbeiten und an der Errichtung einer besseren Welt teilzunehmen.