Machen wir ein Buch?

Reise, Sachbuch, Belletristik ...?
Alle interessanten Themen;
alles was bewegt.

Hier geht´s weiter!

Fougères - Saint-Brieuc

Body: 

Trübsinnige Volksküchen

Fougères

»Fougères sitzt mit einem Teil auf einem Stein von Schiefer, von dem man meinen könnte, er sei von den Bergen heruntergefallen, die am Abend das große Tal des Couesnon abschließen und je nach Ort verschiedene Namen tragen. In dieser Lage ist die Stadt von den Bergen durch einen Einschnitt abgetrennt, auf dessen Grund ein kleiner Fluß fließt, Nançon genannt; doch es gibt eine Stelle, von wo aus man gleichzeitig einen Kreisabschnitt des großen Tales und die kleinen Windungen des kleineren, das sich hier soeben auflöst, erfassen kann.« Honoré de Balzac, Die Chouans, 1829.

»Eine Aussperrung war plötzlich verhängt, die mehrere Monate andauerte. Die Arbeitgeber hatten beschlossen, die Gewerkschaften aufzulösen. Die ganze Bevölkerung von F... lernte größtes Leid kennen. Was mich betrifft, so bin ich nicht sicher, ob ich nicht manchmal diese Freiheit genossen habe, die mir diese Zwangspause gewährte. [...]

Und dennoch! Es war Winter. Die Stadt war trübsinnig. Die Menschen sperrten sich mit ihrer Kälte und ihrem Hunger ein. Nur gelentlich erfüllte das Geräusch vorbeiziehender Leute die Straße. Für ein paar Sekunden drückte ich mein Gesicht an die Fensterscheibe. Es war das Arbeitskommando der Volksküchen, die aus dem Wald zurückkamen, mit einer Reihe von Schubkarren und Wagen, alle mit Holz beladen. Sie mußten vor unserem Haus in die rue Charles-Blanc einbiegen.« Jean Guéhenno, Journal d´un homme de quarante ans.

Selbstmord und Camus

Saint-Brieuc

Diese Stadt der Intellektuellen wie der Arbeiter wird heimgesucht von der Erinerung an zwei Philosophen, der eine gläubig (Jules Lequieer), der andere Atheist (Georges Palante), beide auf so tragische Weise besessen vom Rätsel der Freiheit, dass sie, im Abstand von fünfzig Jahren, deren höchste Erfahrung machten: den Selbstmord. Jean Grenier, der in Alger der Lehrer Albert Camus´ wurde, nachdem er ein Schüler Palantes gewesen war, fiel das Erbe seiner beiden Landsleute zu. Doch die Stadt hat es dem Autor von Sang noir, Louis Guilloux, einem Freund von Palante, Grenier und Camus, zu verdanken, dass sie zu einem auserwählten Schauplatz der sogenannten populären Literatur wurde.

»Hinter der Kathedrale bildeten die dunklen, verschlungenen Gassen, wie gewaltsam zwischen alten Holzhäusern geöffnet, das Unterviertel der Stadt. Dort lebte ein Volk von kleinen Händlern, Trödlern und Arbeitern.

Oberhalb dieser Niederung, gegen Westen, erstreckte sich das neue Viertel mit seinen großen Geschäften, Cafés und, weiter weg, auch dem Bahnhof. Dahin gelangte man über schlammige Straßen, ausgehöhlt von den Reifen der Lastwagen.

Dieses neue Viertel war wie ein Fremdkörper in der Stadt, zumindest für meinen Vater. Die Stadt, das war für ihn die Kathedrale, die dunklen Gassen, das abgelegene Viertel der Rue Pommerin, wo er seine Kindheit verbracht hatte, die Place Jean-Jacques, wo er heute arbeitete.« Louis Guilloux, La Maison du peuple.